Zum Verfassungsschutzbericht: „Frühwarnsystem“ funktioniert nicht/Amt ist Teil des Problems

Das Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz läuft gefährlichen Entwick­lun­gen in der Regel hin­ter­her, sofern es sie über­haupt erken­nt. Die mut­maßliche rechte Ter­rorzelle in Fre­ital hat­te man „nicht auf dem Schirm“. Die Behörde braucht offen­bar Nach­hil­fe in Sachen Medi­enkom­pe­tenz, Schw­er­punkt: soziale Net­zw­erke! Den Titel „Früh­warn­sys­tem“ ver­di­ent sie nicht. Sie liefert neben Plat­titü­den und Selb­st­lob vor allem bekan­nte Infor­ma­tio­nen, ohne wesentlich zu deren Verknüp­fung beizu­tra­gen. Die Regierung sollte stattdessen den Experten vom Oper­a­tiv­en Abwehrzen­trum und in den Staatss­chutz­abteilun­gen der Polizei den Rück­en zu stärken.

Erschreck­ender als die bekan­nte Unfähigkeit des Lan­desamtes ist der Anstieg poli­tisch motiviert­er Gewaltkrim­i­nal­ität. Gewalt lässt sich niemals recht­fer­ti­gen, auch nicht durch – oft irra­tionale – Äng­ste. Sie muss nicht nur strafrechtlich, son­dern auch sozial und kul­turell bekämpft wer­den. Wir müssen Lebensper­spek­tiv­en schaf­fen, damit sich Men­schen nicht radikalisieren.

Ker­stin Köditz, Sprecherin für Antifaschis­tis­che Poli­tik, fügt hinzu:

Die Zeichen sind klar: Wir beobacht­en eine fortschre­i­t­ende Enthem­mung der poli­tis­chen Auseinan­der­set­zun­gen und einen deut­lichen Anstieg rechter Gewalt. In Sach­sen hat sich ein wei­thin ras­sis­tisch motiviert­er Dauer-„Protest“ gegen Asyl­suchende etabliert. Hinzu kommt: Erst­mals nach dem Auf­fliegen des NSU und aus­gerech­net wieder in Sach­sen sind mit der „Old­school Soci­ety“ und der „Gruppe Fre­ital“ zwei mut­maßlich recht­ster­ror­is­tis­che Vere­ini­gun­gen ent­standen. Das alles wis­sen wir nicht dank, son­dern trotz des Lan­desamtes für Ver­fas­sungss­chutz!

Zur Erk­lärung dieser Entwick­lung trägt das Amt nichts bei, mit sein­er Analy­se­fähigkeit ist es nicht weit her. Da wird zum Beispiel immer wieder ver­sichert, die Ableger der Gida-Bewe­gung seien nicht extrem­istisch. Gle­ichzeit­ig wird ein Legi­da-Mit­grün­der, Sil­vio Rösler, als „maßge­blich­er recht­sex­trem­istis­ch­er Akteur“ beze­ich­net. Da wer­den Umgrup­pierun­gen in der extremen Recht­en angedeutet, ohne zu sagen, wohin die Kräfte wan­dern – etwa zur „Iden­titären Bewe­gung“. Diese taucht im Bericht gar nicht auf, anders als in anderen Bun­deslän­dern. Pein­lich! Die Refor­mver­sprechen Mey­er-Plaths sind offen­bar final gescheit­ert. Wenn das LfV jet­zt vor der aufge­heizten Sit­u­a­tion warnt, vergießt es Krokodil­strä­nen. Denn die Behörde hat das mancherorts konz­ertierte Vorge­hen gegen Asyl­suchende – inklu­sive Pegi­da – nach Kräften als „Asylkri­tik“ ver­hätschelt und dadurch gesellschafts­fähig gemacht. Dieses Amt ist ein Teil des Prob­lems.