Verhalten des Landtagspräsidenten selbstherrlich und hilflos – Erklärung zu Ausfällen der CDU gegen LINKE abgelehnt

Land­tagspräsi­dent Matthias Rößler (CDU) lehnte das Ver­lan­gen der Links­frak­tion ab (nach Para­graph 91 der Geschäft­sor­d­nung des Land­tags), vor Ein­tritt in die Tage­sor­d­nung der heuti­gen Par­la­mentssitzung eine Erk­lärung zu den ungeah­n­de­ten extremen Aus­fäl­ligkeit­en aus der CDU-Frak­tion gegen Abge­ord­nete der LINKEN abzugeben.

Die Weigerung des Land­tagspräsi­den­ten, dem wir den Text der Erk­lärung wun­schgemäß rechtzeit­ig haben zukom­men lassen, ist höchst befremdlich. Damit set­zt er sein selb­s­ther­rlich­es und anmaßen­des Vorge­hen, gepaart mit offenkundi­ger Hil­flosigkeit beim Umgang mit ele­mentaren Grund­sätzen des Par­la­ments, in dieser Sache fort. Er ver­passte damit auch die let­zte ihm gegebene Chance, die Belas­tung des Land­tags durch die von ihm nicht geah­n­de­ten ver­leumderischen Belei­di­gun­gen von Abge­ord­neten der Links­frak­tion aus der Welt zu schaf­fen. Mir ‚großzügig‘ anzu­bi­eten, dass ich nach der Änderung mein­er Erk­lärung  am Ende der heuti­gen Tage­sor­d­nung diese Erk­lärung vor­tra­gen dürfe, sehe ich als Willkür durch den Präsi­den­ten des Land­tages an.

 

Doku­men­ta­tion der Erk­lärung

Sehr geehrter Herr Land­tagspräsi­dent, verehrte Kol­legin­nen und Kol­le­gen,

gern und oft nen­nen wir selb­st dieses Par­la­ment ein „Hohes Haus“. Was sich aber in der Aktuellen Debat­te zum The­ma: „Mit der Braunkohle als Brück­en­tech­nolo­gie den Struk­tur­wan­del gestal­ten – die Lausitz braucht Zukun­ft und keine Gewalt­täter“ im Maiplenum von Seit­en der CDU-Frak­tion hier abspielte, war ein Tief­punkt der Diskus­sion­skul­tur. Da wur­den – nicht nur nach unser­er Wahrnehmung – ver­leumderische Belei­di­gun­gen über Abge­ord­nete mein­er Frak­tion aus­gekippt, die im Stil dem rit­uellen Geschrei gewiss­er Aufläufe auf Sach­sens Straßen in nichts nach­ste­hen. 

Abge­ord­nete mein­er Frak­tion wur­den als „Krawall­brüder“, „Par­ti­sa­nen“, „Ter­ror­is­ten“ und Straftäter beze­ich­net. Ungeachtet dessen sah die CDU-Mehrheit der Prä­sid­i­umsmit­glieder in der Prä­sid­i­umssitzung am 15. Juni 2016 auch nach entsprechen­der Forderung mein­er Frak­tion darin keinen Regelver­stoß. Es wurde darauf ver­wiesen, dass wir mit unser­er Hal­tung diese Aus­sagen provoziert hät­ten.

Bis­lang war es gute par­la­men­tarische Gepflo­gen­heit, sprach­liche Ent­gleisun­gen, wenn nicht sofort, doch zumin­d­est in der näch­sten fol­gen­den Sitzung nach Vor­lage des Pro­tokolls im Nach­hinein im gebote­nen Rah­men zu „ahn­den“. Die im Land­tagspro­tokoll nun­mehr nach­les­baren hefti­gen Äußerun­gen liegen unseres Eracht­ens deut­lich außer­halb der durch Artikel 55 Abs. 1 der Säch­sis­chen Ver­fas­sung zu Recht geschützten soge­nan­nten Indem­nität von Abge­ord­neten, also der Straflosigkeit von Äußerun­gen im Par­la­ment.

Wir möcht­en mit dieser Erk­lärung unsere Erwartung unter­stre­ichen, dass noch ein drin­gend notwendi­ges Sig­nal für eine Debat­ten- und Diskus­sion­skul­tur geset­zt wird, deren Merk­mal gegen­seit­ige Achtung ist. Alles andere ist für die Mit­glieder unser­er Frak­tion wed­er hin­nehm­bar und akzept­abel. Und ich bin davon überzeugt, dass dies auch für die Mehrheit der Abge­ord­neten des Säch­sis­chen Land­tags gilt.

Wir bit­ten daher den Präsi­den­ten, zu dem nach § 96 Absatz 5 GO noch einzig möglichen Zeit­punkt dieser Sitzung nach nochma­liger Sich­tung und Bew­er­tung der Nieder­schrift der 34. Ple­nar­sitzung am 26. Mai 2016 auf den nach unser­er Auf­fas­sung ein­deuti­gen Ord­nungsver­stoß mit einem diesem angemesse­nen Ord­nungsmit­tel zu reagieren.

Wir kön­nen uns hier nicht glaub­würdig Sor­gen wegen der Aggres­siv­itäten und Aus­fäl­ligkeit­en manch­er besorgter Wut­bürg­er machen, wenn wir als Land­tag ein solch abstoßen­des schlecht­es Beispiel von Diskus­sion­sunkul­tur geben. Die bun­desweite Medi­en­res­o­nanz war bere­its entsprechend. Es ist daher höch­ste Zeit, die Selb­s­theilungskräfte des Par­la­ments zu mobil­isieren. Anson­sten verkom­men Redewen­dun­gen wie „die Würde des Hohen Haus­es“ zur Farce.

Wir wer­den in dieser Sache nicht Ruhe geben, bis Fol­gen­des klargestellt ist: Frei gewählte Abge­ord­nete dür­fen für die friedliche Ausübung ihres freien Man­dats nicht als Ver­brech­er abgestem­pelt wer­den. Hier geht es um mehr als um die schlechte Kinder­stube von ein paar CDU-Abge­ord­neten. Hier geht es um die Frage, ob der Land­tag die Demokratie befördert oder demon­tiert. 

Vie­len Dank für Ihre Aufmerk­samkeit!