Rede zur abschließenden Beratung des Haushaltsplanes 2017/2018 für den Freistaat Sachsen

Herr Min­is­ter­präsi­dent,

Sie erleben mich nach Ihrer Rede ein wenig über­rascht. Aber es ist ja die Zeit von Geschenken und damit von Über­raschun­gen.

Sie haben Sätze gesagt, die ich so von Ihnen noch nicht gehört habe.

Okay, Herr Min­is­ter­präsi­dent, offen­bar ist Ihnen klar gewor­den, dass es so wie bish­er nicht weit­erge­hen kann, nicht weit­erge­hen darf.

Wer oder was auch immer Ihnen die Augen geöffnet hat, zumin­d­est Sie per­sön­lich haben erkan­nt: Es ist 5 vor 12.

Nach einem für Sach­sen poli­tisch so ver­heeren­den Jahr 2016 hätte ich trotz­dem zwei Aus­sagen von einem Min­is­ter­präsi­den­ten erwartet:

Klare Worte, was falsch gelaufen ist und

klare Worte, was ab sofort anders wird.

Okay, zum let­zteren habe ich einiges ver­nom­men. Beim ersteren sind Sie sich treu geblieben: Darüber wird geschwiegen.

Darf ich trotz­dem leisen Zweifel an Ihren Zwis­chen­tö­nen aufkom­men lassen? Ich denke, sie wer­den in Ihrer säch­sis­chen CDU nicht ankom­men bzw. von führen­den Poli­tik­ern kon­terkari­ert wer­den.

Zwei aktuelle Beispiele.

So erk­lärt der CDU-Gen­er­alsekretär in der ver­gan­genen Woche nicht etwa: Sor­ry, ich habe mich geir­rt mit mein­er Ein­schätzung, dass wohl Linksradikale hin­ter dem Über­fall auf die Woh­nung des Jus­tizmin­is­ters steck­en kön­nten. Nein, er schreibt bei Twit­ter:

„Die Aus­sage ist immer noch richtig. Polizei hat gut gear­beit­et.“

Oder der CDU-Frak­tionsvor­sitzende Frank Kupfer, der nach der Veröf­fentlichung des Sach­sen-Mon­i­tors erk­lärte:

„Die Sach­sen sind kon­ser­v­a­tiv in ihrer Grund­hal­tung, stolz auf das Erre­ichte und skep­tisch vor dem Frem­den. Das ist aber auch ihr gutes Recht“ Und weit­er: „Sie (….) lehnen parteitak­tis­che Spielchen bei wichti­gen Entschei­dun­gen, wie zurzeit bei der Nov­el­lierung des Schulge­set­zes, ab.“

Sprachen Sie, Herr Min­is­ter­präsi­dent nicht ger­ade von Debat­te, Diskus­sion, andere Mei­n­un­gen anhören?

Oder gilt Ihr Gesagtes tat­säch­lich erst ab heute?

Herr Min­is­ter­präsi­dent, Sie wer­den meine Zweifel ver­ste­hen. Ich bin zwar pos­i­tiv von Ihren Aus­sagen über­rascht, aber bish­er haben Sie nach solchen Reden hier im Land­tag trotz­dem so weit­er gemacht wie bish­er.

Also, Herr Min­is­ter­präsi­dent, auch in der Poli­tik gilt:

„Nicht an ihren Worten, an ihren Tat­en sollt ihr sie erken­nen.“

Ihre Tat­en werde ich an Ihren heuti­gen Aus­sagen messen.

Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen,

Sach­sen geht es finanziell gut. Ver­glichen mit dem, was CDU-Finanzmin­is­ter Unland all die Jahre an Hor­rorszenar­ien für die Zukun­ft vorgelegt hat, erleben wir eine Geld­schwemme his­torischen Aus­maßes.

Sagen Sie mal Herr Finanzmin­is­ter, Ihnen müsste es doch bei diesen Sätzen im Moment richtig schlecht gehen.

Sie wis­sen nicht, warum?

Ich sag´s Ihnen.

Sie sind als Trickser ent­larvt.

Seit Jahren rech­nen Sie das Land kün­stlich arm, um so dem gewählten Par­la­ment Hand­lungsspiel­raum zu entziehen. Das ist vor allem undemokratisch und unsozial!

Aber vielle­icht liegt es auch daran, dass Ihnen das mit dem Rech­nen schw­er­fällt. So stell­ten Sie kür­zlich ganz über­raschend fest:

Oh, es herrscht Per­son­al­not im öffentlichen Dienst.

Also rech­neten Sie Fol­gen­des:

In den kom­menden Jahren soll die Zahl der Staats­be­di­en­steten auf cir­ca 86.500 steigen. Der Presse teil­ten Sie mit, dass man besagten Per­son­al­not­stand nur in den Griff bekäme, wenn jed­er Vierte der 300.000 Men­schen, die dem Arbeits­markt in den näch­sten Jahren zur Ver­fü­gung ste­hen, Staats­be­di­en­steter wird. Das sind cir­ca 75.000.

Sie sagen also, dass man in den näch­sten Jahren von den 86.500 geplanten Per­son­al­stellen 75.000 neu beset­zen muss.

Ich habe an der Stelle mal schnell für Sie gerech­net: Das sind 87%.

Heißt das, dass 87% der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst in Rente gehen? Also entwed­er fällt Ihnen das mit dem Rech­nen wirk­lich schw­er oder aber das ist das von uns schon mehrfach ange­sproch­ene Staatsver­sagen mit Ansage.

Kom­men wir zu Ihnen, Herr Kol­lege Kupfer. Sie pfle­gen ja in let­zter Zeit denen zu danken, die die Steuern bezahlt haben.

Was der CDU-Frak­tion­schef ver­schweigt:

Die Reichen, die Super­re­ichen und die Konz­erne tra­gen zur Finanzierung des Gemein­we­sens – gemessen an ihren Möglichkeit­en – fast nichts bei.

Die Haupt­last tra­gen Men­schen ohne großes Ver­mö­gen sowie kleine und mit­tel­ständis­che Unternehmerin­nen und Unternehmer. Denen möchte ich für die Über­nahme ihrer sozialen Ver­ant­wor­tung danken. Die Ober­schicht kann sich ja mit Hil­fe der langjähri­gen Steuer­poli­tik von CDU und SPD dieser Ver­ant­wor­tung entziehen.

Das muss sich durch einen Poli­tik­wech­sel nach der näch­sten Bun­destagswahl ändern!

Zahlen sind nicht Schall und Rauch – vor allem nicht, wenn sie Men­schen betr­e­f­fen.

Herr Tillich, Sie sind inzwis­chen der dien­stäl­teste Min­is­ter­präsi­dent Deutsch­lands. Rück­blick­end auf Ihre Kar­riere als Min­is­ter­präsi­dent, muss ich sagen, haben Sie Ihre Richtlin­ienkom­pe­tenz so richtig bish­er nur ein einziges Mal genutzt – im Herb­st 2009 mit der Vor­gabe, die Zahl der Per­son­al­stellen des Lan­des müsse um ein Fün­f­tel auf 70.000 schrumpfen.

Damit haben Sie dem Per­son­al­not­stand an den Schulen, bei der Polizei, in der Jus­tiz und weit­eren Bere­ichen der Lan­desver­wal­tung den Weg geeb­net.

Haupt­säch­lich haben Sie jedoch damit die seit vie­len Jahren ger­ade von Ihrer Partei propagierte Poli­tik der Ökonomisierung aller Bere­iche des Lebens vor­angetrieben.

Für Sie muss sich Bil­dungspoli­tik rech­nen.

Für Sie sind Lehrerin­nen und Lehrer ein immenser Kosten­fak­tor, der dazu auch noch undankbar ist.

Herr Tillich, es ist auch ein biss­chen bil­lig, sich nun hinzustellen und zu sagen, Fehler mache nun mal jed­er und es komme darauf an, sie einzuse­hen und zu kor­rigieren.

Tat­säch­lich haben Sie all die Jahre stur daran fest­ge­hal­ten.

Sobald jedoch der Druck öffentlich­er Kri­tik größer wurde und immer mehr kost­spielige Notlö­sun­gen vom Zaun gebrochen wur­den, waren Sie — wie immer in Krisen­zeit­en – abge­taucht.

Der Som­mer und der Herb­st 2015 haben uns allen gezeigt, wohin Ihre Poli­tik uns geführt hat. An den Rand der Arbeits­fähigkeit der öffentlichen Ver­wal­tung. Die Men­schen, die bei uns Schutz gesucht haben, haben das ganze Aus­maß Ihrer Sparorgien der let­zten Jahre deut­lich­er zu Tage treten lassen, noch mehr als die ganzen Proteste der Oppo­si­tion, der Polizeibeamten, der Lehrer*innenschaft und der Gew­erkschaften zusam­men.

Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen,

wir haben in Sach­sen ja eine ganz spezielle Regierungsspitze.

Einen Min­is­ter­präsi­den­ten, der auf der Flucht ist, wenn es was zu Regieren im eige­nen Land gäbe. Und einen stel­lvertre­tenden Min­is­ter­präsi­den­ten, der gar nicht mehr fliehen muss, weil er ange­blich sowieso mit dieser Regierung irgend­wie nichts zu tun hat.

Er spricht wieder­holt kri­tisch öffentlich über man­gel­nde Qual­ität bei der Ausübung poli­tis­ch­er Führungsver­ant­wor­tung in Sach­sen.

Aber er selb­st zählt sich wohl trotz dreifach­er Spitzen­funk­tion – Lan­desvor­sitzen­der ein­er die Regierung tra­gen­den Partei, Min­is­ter für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, stel­lvertre­tender Min­is­ter­präsi­dent – nicht zur eigentlichen poli­tis­chen Führung des Lan­des hinzu.

Kann man machen, wird nur nichts brin­gen.

In ein­er Ein­schätzung der säch­sis­chen Machtver­hält­nisse beste­ht übri­gens Einigkeit zwis­chen Mar­tin Dulig und der Links­frak­tion.

Auch wir glauben, dass es in Sach­sen rel­a­tiv egal ist, wer unter der Regie der CDU als klein­er Koali­tion­spart­ner mit am Kabi­nettstisch sitzen darf. Ob FDP oder SPD. Das macht nur einen gerin­gen Unter­schied.

Im Zweifel sagt die CDU, wo’s lang geht – daran ändern auch die kleinen Repara­turen, die die fleißi­gen Handwerker*innen aus der SPD Frak­tion umset­zen, nichts.

Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen, es geht um mehr als eine paar Repara­turen im Haus Sach­sen.

Es geht um ein Umdenken in der Poli­tik, der Men­sch muss wieder im Mit­telpunkt ste­hen, es muss um die soziale Sicher­heit der Men­schen gehen. Angst bekämpft man mit Hoff­nun­gen und nicht mit Schüren von neuen Äng­sten.

„Wir haben die niedrig­ste Arbeit­slosen­quote seit 1995“ – sagte Sach­sens Wirtschaftsmin­is­ter dieser Tage im Stre­it­ge­spräch mit einem Vertreter des Ifo-Insti­tuts in der „Säch­sis­chen Zeitung“.

Ja, das stimmt. Aber es stimmt nur, weil in den Jahren nach 1990 eine halbe Gen­er­a­tion junger Leute das Land ver­lassen hat und eine halbe Gen­er­a­tion gar nicht erst geboren wurde. Folge ist, dass seit Jahren viel mehr Men­schen in Rente gehen als neu ins Erwerb­sleben ein­treten.

Ich stimme Mar­tin Dulig zu, wenn er sagt, Sach­sen brauche „einen zweit­en Schwung“. Wir stim­men auch darin übere­in, dass die zu niedri­gen Löhne etwas mit dem Fachkräfte­man­gel und wirtschaftlichen Prob­le­men zu tun haben.

Das durch­schnit­tliche Net­toeinkom­men aller Sach­sen ein­schließlich Renten­bezieher liegt mit 1168 Euro in etwa bei dem, was ein vol­lzeitbeschäftigter Min­dest­lohn-Beschäftigter ver­di­ent. Das reicht nicht! Und an genau dieser Stellschraube muss gedreht wer­den um Kinder- und Alter­sar­mut zu bekämpfen!

Ich wage allerd­ings zu bezweifeln, dass mit der CDU etwas daran zu drehen beziehungsweise zu ändern ist.

Denn Niedriglöhne sind ja auch ein Ergeb­nis von Niedriglohn­poli­tik! Diese Dump­inglöhne sind ja von der CDU Sach­sen poli­tisch gewollt, um das große Kap­i­tal nach Sach­sen zu lock­en. Das ist in Ansätzen als ver­längerte Werk­bank auch gelun­gen, aber reicht bei weit­em nicht aus, um die notwendi­ge Arbeit­spro­duk­tiv­ität durch die Forschung und Entwick­lung zu gener­ieren.

Der frühere Min­is­ter­präsi­dent Kurt Biedenkopf ließ die Men­schen in Sach­sen auf eigene Weise an seinem Regierungswerk teil­haben: Er betonte stets, die eigentliche Auf­bauleis­tung werde nicht von der Regierung, son­dern von der Bevölkerung erbracht. Die Regierung unter­stütze dabei nur.

Und jet­zt kön­nen Sie ja mal rat­en, was die aktuelle Regierung tut. Sie redet genau ander­sherum, und das in dop­pel­ter Hin­sicht, das hört sich dann in etwa so an:

Wir machen eine tolle Bil­dungspoli­tik. Let­ztere hat selb­stver­ständlich nichts mit den katas­trophalen Ergeb­nis­sen des Sach­sen-Mon­i­tors zu tun. Und sie hat natür­lich auch nichts mit der weit ver­bre­it­eten Ein­stel­lung der Ver­harm­lo­sung des Faschis­mus und der Ablehnung von Men­schen­recht­en, lei­der ger­ade auch bei vie­len jun­gen Leuten, zu tun.

Nein, denn Schuld sind die älteren Lehrerin­nen und Lehrer, die wegen ihrer DDR-Erfahrun­gen die poli­tis­che Diskus­sion­skul­tur an den Schulen verküm­mern ließen. So die CDU-Kul­tus­min­is­terin Brun­hild Kurth in ihrem „Perspektiven“-Beitrag für die „Säch­sis­che Zeitung“ am let­zten Woch­enende.

Frau Kurth, da kön­nen wir ja froh sein, dass Sie Ihren Beruf als Lehrerin an den Nagel gehängt haben, anson­sten müssten Sie sich ja eben­so für die Verküm­merung ver­ant­worten.

Das war also das aktuelle Beispiel eins, das Beispiel zwei ent­nehme ich dem schon zitierten Stre­it­ge­spräch des Wirtschaftsmin­is­ters:

Wir machen eine gute Wirtschaft­spoli­tik, und deshalb lassen wir uns von krisel­nden Großbaustellen nicht beein­druck­en. Wir lassen uns wed­er von dem dro­hen­den Bom­bardier-Abbau noch von den Unsicher­heit­en nach dem Vat­ten­fall-Verkauf oder den Fol­gen von Rus­s­land-Sank­tio­nen und Fachkräfte­man­gel beein­druck­en. Denn die säch­sis­chen Unternehmerin­nen und Unternehmer sind selb­st schuld, oder wie es aus dem Mund von SPD-Wirtschaftsmin­is­ter Dulig heißt: „Und wir müssen zur Ken­nt­nis nehmen, dass ein Teil unser­er Unternehmer nicht wach­sen will. Da kommt Wirtschaft­spoli­tik tat­säch­lich an ihre Gren­zen.“

Klar, wenn man Wirtschaft­spoli­tik im 21. Jahrhun­dert, in ein­er glob­al­isierten Welt so betreibt, dann ist das Risiko des Wach­s­tums vor allem eins: Der Ver­lust des eige­nen Unternehmens, weil Finanzhaie schnell und kon­se­quent Fir­men aufkaufen, auss­chlacht­en oder weit­er ver­hök­ern.

Lieber Mar­tin Dulig, wie wäre es mit ein­er Sach­sen-Stiftung, die dafür sorgt, dass diese Fir­men wach­sen und mit ihren Inno­va­tio­nen auch hierbleiben?

Ein Teil der Unzufrieden­heit im Land kommt von der Angst vor Glob­al­isierung, und diese Regierung erk­lärt, wir kön­nen nichts dage­gen tun. Das ist dann die Chance der Recht­spop­ulis­ten dieser Welt.

Frau Kurth, Mar­tin Dulig – so geht man nicht mit den Men­schen um, egal ob es nun um erfahrene und engagierte Lehrkräfte oder risikobere­ite fleißige kleine und mit­tel­ständis­che Unternehmerin­nen und Unternehmer geht!

Wer hat denn die Poli­tik aus der Schule ver­ban­nt, natür­lich mit Aus­nahme der immer erlaubten wer­be­wirk­samen Auftritte säch­sis­ch­er Min­is­terin­nen und Min­is­ter? Die säch­sis­che CDU-Staat­sregierung!

Wer hat denn die säch­sis­chen Unternehmen im Stich gelassen, wenn sie mit ihrer schwachen Kap­i­tal­ba­sis in Tur­bu­len­zen geri­eten? Die säch­sis­che Staat­sregierung!

Werte Koali­tionäre von CDU und SPD, gehen Sie doch mal in sich und stellen Ihre eige­nen Man­age­ment-Qual­itäten gemein­sam auf den Prüf­s­tand. Stich­wort Schulge­setz.

Dieser Haushalt­s­plan ist ja geze­ich­net von Notlö­sun­gen zur Aufrechter­hal­tung des Unter­richts­be­triebs an säch­sis­chen Schulen. Das ist der Preis dafür, dass Sie beim The­ma Lehrer*innennachwuchs-Gewinnung zehn Jahre ver­schlafen und all unsere War­nun­gen und die der Gew­erkschaften in den Wind geschla­gen haben.

Diese Kri­tik trifft bei­de Regierungsparteien, denn damals regierten CDU und SPD schon ein­mal zusam­men.

Nun kön­nte man ja denken, dass Sie daraus gel­ernt hät­ten und wenig­stens jet­zt die notwendi­gen Anpas­sun­gen des säch­sis­chen Schulge­set­zes an die Real­ität hin­bekom­men. Aber nein, weit gefehlt, Ihr Dilet­tan­ten­stadl hat zur näch­sten Vorstel­lung geöffnet.

Sie schaf­fen es nicht, ein Schulge­setz vorzule­gen, auf deren Basis das näch­ste Schul­jahr geord­net begin­nen kön­nte.

Also brechen Sie mal schnell die Neuregelung der Bil­dungsempfehlung her­aus, die Ihnen per Gerichts­beschluss aufer­legt wor­den ist.

Es bleibt bei dem Unsinn, dass nach der vierten Klasse zehn­jährige Kinder in Schubladen gesteckt wer­den, aus denen sie im Regelfall nie wieder her­auskom­men.

Das ist falsch und wider­spricht dem erk­lärten Willen der über­großen Mehrheit der säch­sis­chen Bevölkerung!

Sie haben das Gericht­surteil, dem zufolge der Freis­taat Sach­sen endlich die Lern­mit­tel kosten­los zur Ver­fü­gung stellen muss, immer noch nicht umge­set­zt! Auch in diesem Fall geht es um eine Frage von Ver­fas­sungsrang.

Das bedeutet: Mit jedem Tag, den Sie, werte Koali­tionäre von CDU und SPD, das Schulge­setz noch nicht geän­dert haben, brechen Sie fort­ge­set­zt unsere Säch­sis­chen Lan­desver­fas­sung!

Auch die Ober­stufen­re­form und – was uns beson­ders am Herzen liegt – die verbindlichen Inklu­sion­sange­bote fehlen immer noch. Sie mis­sacht­en mit jedem Tag, den Sie das Schulge­setz nicht ändern, auch die UN-Behin­derten­recht­skon­ven­tion!

Ich will mit dieser Rede nicht den Ver­such unternehmen, all das aufzuzählen, was meine Frak­tion an Änderungsvorschlä­gen in die Haushalts­de­bat­te einge­bracht hat und noch ein­brin­gen wird. Das machen meine Frak­tion­skol­legin­nen und –kol­le­gen in der nach­fol­gen­den Debat­te.

Dank unseres öffentlichen Drucks im Vor­feld zusam­men mit den Gew­erkschaften gelang es, einen Kur­swech­sel bei den Neue­in­stel­lun­gen der Polizei durchzuset­zen und im Haushalts- und Finan­zauss­chuss die Block­ade des Finanzmin­is­ters dage­gen zu brechen. Damit hat DIE LINKE einen starken Beitrag für mehr öffentliche Sicher­heit in Sach­sen geleis­tet.

Wir haben zum neun­ten Mal einen kom­plett durchgerech­neten und gegen­fi­nanzierten Alter­na­tiv­en Haushalt­sansatz vorgelegt. Er ist und bleibt das Orig­i­nal, vor dem blaue Abschreibev­er­suche verblassen.

Dieser rote Alter­na­tive Haushalt unter­schei­det sich von dem blauen Nachahm-Ver­such bere­its im Ansatz fun­da­men­tal:
Unsere Finanzierungslogik ist sozial und sol­i­darisch, die der blauen Frak­tion unsozial und bar­barisch: Da wer­den Men­schen­grup­pen gegeneinan­der abgerech­net und der gesellschaftliche Zusam­men­halt aufgekündigt.

Dass auch diese Haushalts­ber­atun­gen für die Unart des speziellen säch­sis­chen Regierens ste­hen, zeigt die nach­fol­gende Episode:

Da lädt zwei Tage vor Beginn der let­zten Par­la­ments-Sitzun­gen zum Etat 2017/2018 der Finanzmin­is­ter zusam­men mit dem CDU-Haushalt­spoli­tik­er zum Pressege­spräch, um gemein­sam zu sagen, was die wirk­liche Haushaltswahrheit ist.

Ein erneutes krass­es Beispiel dafür, wie sich die CDU Sach­sen den Freis­taat zur Beute gemacht hat und die wirk­liche Nach­fol­gepartei der SED ist.

Der Min­is­ter gehört nicht der selb­ster­nan­nten Staatspartei CDU, son­dern der ganzen Bevölkerung und hat fol­glich nicht eine Frak­tion, son­dern das ganze Par­la­ment als Part­ner­in.

Nicht mal mehr der Koali­tion­spart­ner ist im Finale gefragt, auch wenn Herr Pech­er von der SPD Frak­tion ohne Ein­ladung am Pressege­spräch am Mon­tag teilgenom­men hat.

Es sagt viel über das Demokratiev­er­ständ­nis der Spitzen der CDU und noch mehr über die wahre Machtverteilung in der Koali­tion aus.

Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen,

es wird Sie nicht ver­wun­dern zu hören, dass die Links­frak­tion zu diesem Haushalt 2017/2018 Nein sagen wird, da Sie ja wohl nicht gewil­lt sind Ja zu unseren Änderungsanträ­gen zu sagen. So ist das Leben.

Der vor­liegende Haushalt­sen­twurf der Staat­sregierung bleibt auch nach einem Sam­mel­suri­um von nachträglichen Änderun­gen durch die Koali­tions­frak­tio­nen eine reine Reparatur­w­erk­statt.

Die größten Hausauf­gaben bleiben mit diesem Haushalt unerledigt:

Wie machen wir Sach­sen in all seinen Regio­nen attrak­tiv für kluge Köpfe und geschick­te Hände, damit über­all mehr kom­men als gehen?

Wie schaf­fen wir mit ein­er ver­lässlichen Infra­struk­tur in allen Lebens­bere­ichen so viel Hoff­nung und Ver­trauen, dass die grassieren­den Äng­ste der Ver­gan­gen­heit ange­hören?

Wie schaf­fen wir soziale Sicher­heit für die Men­schen, die Sor­gen um die Zukun­ft ihrer Kinder und Enkelkinder haben, die Angst vor einem Lebens­abend haben, den sie nicht selb­st bestre­it­en kön­nen, die sich Sor­gen um den Frieden in Europa und in der Welt machen.

Wie schaf­fen wir es, dass Men­schen bere­it sind Men­schen bei uns willkom­men zu heißen und sie nicht als eine per­sön­liche Bedro­hung ihres per­sön­lichen Wohl­standes zu betra­cht­en?

Wie schaf­fen wir es, eine Entwick­lung, die sich am Ende in einem tiefen Mis­strauen gegenüber der herrschen­den Poli­tik, mas­siv­er Unsicher­heit und Unmut unter weit­en Teilen der säch­sis­chen Bevölkerung aus­drückt, aufzuhal­ten?

Die poli­tis­che Debat­te um den Haushalt 2017/2018 hat von Seit­en der Regierungskoali­tion bish­er nicht zu erken­nen gegeben, dass poli­tis­che Impulse für eine wirk­liche Lösung von den von mir aufge­wor­fen Fra­gen gesucht, geschweige denn gefun­den wer­den. Einzelne Umverteilun­gen, so richtig sie in den konkreten Fällen auch sein mögen, beheben das grund­sät­zliche Dilem­ma nicht.

Wo ist eine ehrliche Debat­te um Demokratiede­fizite in Sach­sen?

Mitunter kann man sich des Ein­drucks nicht erwehren, dass Vertreter von Regierung und Koali­tion gar nicht mehr ver­ste­hen, warum andere außer­halb der Regierungs- und Machtzirkel zu diesem Schluss und Ein­druck gelan­gen und sich auf der Straße mit „Merkel muss weg“ artikulieren – wo doch alles so gut läuft und vor allen Din­gen so gut gemeint ist.