Ifo-Orakel produziert Luftschloss – Lohn- und Renten-Rückstand verschwindet nicht von allein

Zur Posi­tion­ierung des Vizechefs des Dres­d­ner Ifo-Insti­tuts, Joachim Rag­nitz, gegen eine zügigere Ost-/West-Rente­nan­gle­ichung und die Beibehal­tung des Hochw­er­tungs­fak­tors bei der Berech­nung der Rente­nansprüche heutiger Beschäftigter in Ost­deutsch­land erk­läre ich:

Vol­lzeitbeschäftigte Sächsin­nen und Sach­sen ver­di­enen durch­schnit­tlich 28 Prozent weniger als west­deutsche Vol­lzeitbeschäftigte. Im Erzge­birgskreis beträgt das mit­tlere Einkom­men weniger als die Hälfte dessen, was Beschäftigte in west­deutschen Hochlohn­re­gio­nen beziehen. Das ist der Stand 27 Jahre nach der deutschen Ein­heit; die Rag­nitz-Prog­nose, in weni­gen Jahren sei die Angle­ichung ver­mut­lich geschafft, ist ein reines Luftschloss.

Erst Ende 2015 musste Herr Rag­nitz ein­räu­men, dass er sich mit der Prog­nose zum ange­blichen Arbeit­splatz-Killer Min­dest­lohn geir­rt hat. Zugle­ich beklagte er aber, dass der Auf­schwung der ost­deutschen Wirtschaft an vie­len Men­schen vor­bei gehe. Nun erwartet er baldige ange­bliche Angle­ichung, nach­dem er sich vor gut einem Monat mit der Aus­sage zitieren ließ: „Der Lohn­ab­stand zum West­en wird aber wohl noch län­gere Zeit beste­hen bleiben.“

Das Ifo-Orakel von Dres­den kann also keine ser­iöse Han­dre­ichung für innerdeutsche Sozialpoli­tik liefern. Es ist schein­heilig, nun west­deutsche Niedriglohn­bezieher zu instru­men­tal­isieren: Unsere Vorschläge zur Stärkung der geset­zlichen Rente, u.a. durch Anhebung des Renten­niveaus auf min­destens 53 Prozent, Abschaf­fung der Kürzungs­fak­toren und der Rente erst ab 67 sowie die Ein­führung ein­er sol­i­darischen Min­de­strente für ein Leben in Würde käme auch ihnen zugute. Hier darf uns das ifo-Insti­tut gern unter­stützen.

In Ost­deutsch­land wird flächen­deck­end durch­schnit­tlich deut­lich weniger ver­di­ent als im West­en, in vie­len Fällen auch bei gle­ich­er Tätigkeit. Es gibt eine vere­ini­gungs­be­d­ingte sozioökonomis­che Benachteili­gung. 40 Prozent der säch­sis­chen Vol­lzeitbeschäftigten arbeit­en zu einem Niedriglohn, im Osten ins­ge­samt sind es 36 und in den alten Bun­deslän­dern sind es 16,6 Prozent. Wie zum Hohn hat die säch­sis­che Wirtschafts­förderung viele Jahre mit diesen niedri­gen Löh­nen auch noch gewor­ben.

Was fürs Ifo-Insti­tut gesun­der Wet­tbe­werb ist, macht Men­schen krank. Wir wer­den dafür sor­gen, dass das The­ma gle­ich­w­er­tige Lebens­be­din­gun­gen wieder auf die poli­tis­che Tage­sor­d­nung kommt – in Sach­sen, aber auch in ganz Deutsch­land.