Rede auf der Jahreshauptversammlung der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 8. März 2014 in Leipzig

Es gilt das gesproch­ene Wort!

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Begrüßung

Danke für die Möglichkeit kurz zu Ihnen/Euch sprechen zu kön­nen.

Ich über­lege immer, wenn ich hier­herkomme, wen ich eigentlich vertrete? Klar die Lan­despartei — und die Land­tags­frak­tion.

Aber in welchem ver­wandtschaftlichen Ver­hält­nis ste­hen wir zueinan­der?
Der Vere­in ste­ht der LINKEN nah, weil es ohne DIE LINKE zwar vielle­icht den Vere­in gäbe, aber nicht die finanziellen Mit­tel, die wieder­rum nur dann gut fließen wenn die Lan­despartei gute Wahlergeb­nisse erzielt und die Frak­tion dann gute Ver­hand­lun­gen über die Finanz-Verteilung führt.

Ich bin also wed­er Mut­ter noch Vater des Vere­ins, aber vielle­icht Haupternährer?

Egal, wie man es nun betra­cht­en mag, die Rolle und Bedeu­tung der Rosa-Lux­em­burg Stiftung in Sach­sen hat sich in den let­zten 25 Jahren verän­dert und wird sich – davon bin ich fest überzeugt – auch in den näch­sten Jahren weit­er verän­dern.

Eine wichtige Leis­tung war, dass hier unglaublich viele der Kom­pe­ten­zen und wis­senschaftlichen Errun­gen­schaften, die in den Uni­ver­sitäten nicht mehr erwün­scht waren und häu­fig abgewick­elt wur­den – „aufge­hoben“ – also bewahrt wur­den.

Stel­lvertre­tend will ich in diesem Zusam­men­hang an einen der Grün­der der Stiftung, den Philosophen Prof. Hel­mut Sei­del erin­nern.
Ste­fan Hart­mann hat mir aus Sei­dels Schrift:
„Vom prak­tis­chen und the­o­retis­chen Ver­hält­nis der Men­schen zur Wirk­lichkeit“ aus dem Jahre 1966 fol­gen­des her­aus­ge­sucht:

Zitat: „Der Philoso­phie, der es auf die Verän­derung der Welt ankommt, kann es nicht genü­gen, die durchgängige Geset­zmäßigkeit der Welt, deren Erken­nt­nis his­torisch bed­ingt, rel­a­tiv ist, aufzuzeigen; sie hat den Sinn des men­schlichen Han­delns zu begrün­den. Dieser aber kommt wed­er aus der Tran­szen­denz, noch kann er in logis­chen, math­e­ma­tis­chen oder Naturge­set­zen gefun­den wer­den. Er ist nur in den materiellen und geisti­gen Schöp­fun­gen der men­schlichen Kul­tur zu find­en, wenn er ständig neu geset­zt wird. Es ist in der Tat der Weisheit let­zter Schluss”: Nur der ver­di­ent sich Frei­heit wie das Leben, der täglich sie erobern muss.“

Diese Gedanken Hel­mut Sei­dels, der nun bald vor 5 Jahrzehn­ten zu Papi­er gebracht wurde, sind unglaublich aktuell.

Den „Sinn des men­schlichen Han­delns“ ständig neu zu set­zen, Frei­heit als Han­deln zu begreifen – das heißt eben, sich der allen­thal­ben propagierten Alter­na­tivlosigkeit dieser oder jen­er poli­tis­chen Maß­nahme ent­ge­gen­stellen zu kön­nen und zu müssen!

Auch wenn ich ja in mein­er Partei manch­mal schräg angeschaut werde – weil ich näm­lich kein Akademik­er bin, son­dern gel­ern­ter Koch, und als Verkauf­sstel­len­leit­er gear­beit­et habe – erlaube ich mir festzustellen, dass linkes poli­tis­ches Han­deln ganz und gar nur unter dieser Maxime, unter einem solchen Grundgedanken vorstell­bar ist!

„Eine andere Welt ist möglich — Ein besseres Sach­sen ist möglich“ – sage ich.
Gle­ichzeit­ig ist das die Her­aus­forderung hier im Freis­taat, in Deutsch­land und darüber hin­aus, der wir uns stellen wollen.

Natür­lich leben Parteien immer in einem Rhyth­mus, der durch die Wahlzyklen vorgegeben ist. Den­noch sind unsere Ziele von ein­er größeren Dimen­sion:
Eine gerechtere Welt,
eine friedliche Welt und
eine Welt, in der die Men­schen essen, trinken, wohnen, sich klei­den kön­nen  – also in sozialer Sicher­heit leben kön­nen –
das wäre doch schon mal was.
Auch weil sie dann unbeschw­ert­er zu philoso­phieren ver­mö­gen, was ja nichts anderes heißt, als dem eige­nen Leben selb­st­bes­timmt Sinn zu ver­lei­hen.

Aber ich schweife ab.
Ich habe Prof. Hel­mut Sei­del hier nicht nur erwäh­nt wegen sein­er Ver­di­en­ste um diese Stiftung und damit um die bedeu­tend­ste Insti­tu­tion link­er Bil­dung in Sach­sen.
Son­dern eben auch stel­lvertre­tend dafür, dass Ihr, die Rosa-Lux­em­burg Stiftung Sach­sen, dauer­haft Wis­sen und Erken­nt­nisse bewahrt, die von hohem Wert sind und die eben nicht ver­loren gehen dür­fen.
Dafür danke ich Euch von ganzem Herzen.

Nun geht heute eine Ära zu Ende.
Dr. Moni­ka Runge hört nach 14 Jahre als Chefin der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung  in Sach­sen auf.
Damit macht sie das, was ihr poten­tieller Nach­fol­ger auch getan hat, sie bes­timmt selb­st, wann sie aufhört, das ist so oft nicht.

Moni­ka und ich wis­sen, dass wir nicht die eng­sten poli­tis­chen Wegge­fährten waren.
Eigentlich frage ich mich: Warum eigentlich?

Moni­ka gehörte immer zu den Radikalen – sie wollte und will immer mehr, als was die Truppe  (Partei oder Frak­tion) verträgt.
Bei inner­parteilichen Wahlen kämpfte sie immer für Einzel­wahlen. Grup­pen­wahlen waren und sind ihr sus­pekt, weil sie damit immer Absprachen, Mauschellein ver­mutet und dass sich Vorstände „durch­set­zen“.

Sie war und ist auch in poli­tis­chen Ansicht­en oft radikal – oft so radikal, wie man es son­st eigentlich nur der Jugend zugeste­ht.

So war Moni­ka, immer einen Vor­re­i­t­erin wenn es um die Änderung der Säch­sis­chen Ver­fas­sung im ver­gan­gen Jahr ging.
Während ich ver­suchen muss, zwis­chen den ver­schiede­nen poli­tis­chen Strö­mungen und Ansicht­en der LINKEN Sach­sen zu ver­mit­teln, kon­nte Moni­ka sich klar posi­tion­ieren und sagen:
Mehr Geld auszugeben als man hat ist auf Dauer keine Lösung!

So hat sie nicht nur mich, son­dern wahrschein­lich auch ab und an meine drei Vorgänger – also Klaus, Peter und André „schock­iert“ mit ihren Ansicht­en, die nicht immer 1:1 „Parteipoli­tik­sprech“ waren.

Deswe­gen hat sich Moni­ka ins­beson­dere Ver­di­en­ste für die demokratis­che Entwick­lung nicht nur der PDS und der LINKEN, son­dern eben auch der gesellschaftlichen Linken erwor­ben, weil sie mit ihrer Mei­n­ung nicht hin­term Berg gehal­ten hat und auch öffentlich ihre Posi­tio­nen erläuterte.

Dafür ein ganz dick­es und her­zlich­es Dankeschön!

Nun soll Prof. Peter Porsch das Steuer der Stiftung in Sach­sen übernehmen.
Ein erfahren­er Kapitän, kann ich euch sagen.
Ein­er, der viele Stürme in der Partei und der Frak­tion gemeis­tert hat und nie ist das Schiff geken­tert oder wäre Leck geschla­gen wenn er am Steuer stand, auch wenn das Schiff durch die Mannschaft ab und an Schlag­seite bekom­men hat.

Ich sage: Peter ist der richtige Mann zur richti­gen Zeit.
Ich sehe die Auf­gabe der Stiftung mehr als bish­er darin, sich vor allem – trotz der Auf­gabe der Bewahrung und Aufar­beitung unser­er Ver­gan­gen­heit – mit den heuti­gen gesellschaftlichen Ver­hält­nis­sen zu beschäfti­gen

Die Stiftung muss Vor­denker und Rat­ge­ber sein für die ihr nah ste­hen­den Partei.
Peter Porsch  muss aber auch noch eine andere schwierige Auf­gabe bewälti­gen. Peter muss die Inter­essen aller Mit­glieder des Vere­ins berück­sichti­gen, neue dazu gewin­nen und nie­man­den vor dem Kopf stoßen, die Quad­ratur des Kreis­es, ich weiß, von was ich da spreche.

Peter, ich wün­sche Dir wieder ein gutes Händ­chen am Steuer­rad.

Ich möchte zum Schluss die Stiftung um Unter­stützung bit­ten für die Auf­gaben, die ab Herb­st anste­hen wer­den:
Die weit­ere Entwick­lung der Partei, die Schwierigkeit­en sind sich­er auch hier bekan­nt. Ins­beson­dere hin­sichtlich der Fragestel­lung, wie wir stärk­er mit jenen Men­schen ins Gespräch, in den Aus­tausch kom­men, die wie wir dieses Land in sozialer und emanzi­pa­torisch­er Hin­sicht verän­dern wollen.

Aber auch bei der Weit­er­en­twick­lung unseres poli­tis­chen Pro­fils egal ob in ein­er Regierung oder in der Oppo­si­tion. DIE LINKE. Sach­sen wird und muss ab Herb­st eine andere Poli­tik machen, dafür brauchen wir Unter­stützung vom linken „Denkvere­in“

Ich denke, dass eine enge Part­ner­schaft auf Augen­höhe möglich ist.

Dass Peter der richtige Mann zum richti­gen Zeit­punkt ist, sagte ich bere­its. Und dass er – um noch mal auf das Bild des Kapitäns zurück­zukom­men- , mit Ste­fanie Götze  eine richtig gute Mas­chin­istin schon an Bord hat, die übri­gens auch mal Mitar­bei­t­erin bei mir war, möchte ich noch fest­stellen.

So hän­gen alle mit allen und alles mit allem aufs Tre­f­flich­ste zusam­men.

Ein besseres Omen für die Staffel­stab-Über­gabe des heuti­gen Tages ist kaum noch vorstell­bar.
In diesem Sinne:

Glück Auf!