Jugendweihereden am 3. Mai 2014 – Eibenstock

Liebe Mäd­chen und Jun­gen,
liebe Eltern,
liebe Fest­ge­meinde

ich bin fast so aufgeregt wie Ihr, denn es kommt in der Regel nur ein- bis zweimal­mal im Jahr vor, dass ich bei ein­er Jugendwei­he rede.
Und meine eigene ist lei­der schon so lange her, dass ich mich anstren­gen muss, die Jahre zu zählen, die sei­ther ver­gan­gen sind.

Jugend-wei­he – das ist schon so ein ganz großes und sehr feier­lich­es Wort.
Heute, wollen wir ihren Über­gang vom Kind- zum Erwach­sen­sein bege­hen, deswe­gen haben wir uns hier zusam­menge­fun­den.

Dieser Über­gang ist in allen Kul­turen etwas ganz Beson­deres.
Deshalb gibt es dafür fast über­all eigene Rit­uale, manch­mal auch Auf­nah­meriten genan­nt.
Die sind oft sehr aufre­gend.
Von Euch wird zwar nicht erwartet, dass Ihr aus heili­gen Büch­ern vor­lest oder irgendwelche Beken­nt­nisse ablegt, aber Ihr ste­ht die ganze Zeit im Mit­telpunkt – und das will auch geschafft wer­den!

Natür­lich gibt es heute Geschenke und die Fam­i­lie, die Fre­unde sind da und feiern mit. Das soll Euch lange im Gedächt­nis bleiben!

Deswe­gen müsste man allerd­ings keine Jugendwei­he haben. Geschenke gibt es auch zu Wei­h­nacht­en und zum Geburt­stag und zusam­men sein, kann man dann auch.
Jugendwei­he hat mit dem Erwach­sen wer­den zu tun und aus diesem Grund ist heute ein wichtiger Tag in Eurem Leben, denn Ihr werdet ein Stück mehr erwach­sen.

Natür­lich empfind­et man das nicht so wie einen Blitz aus heit­erem Him­mel: Huch, ich bin erwach­sen! Dann hätte man ja auch was ver­passt, denn es gibt ja nicht nur Kinder und Erwach­sene, son­dern eben Men­schen wie Euch: Jugendliche, also Leute, die sich auf den Weg machen, erwach­sen zu wer­den.

Ganz erwach­sen wird man übri­gens im gün­stig­sten Fall nie.
Denn wir sind nie ganz fer­tig, wir kön­nen immer noch neue Erfahrun­gen sam­meln, etwas dazu ler­nen. Auch noch die Urgroßel­tern von den Urenkeln und umgekehrt. Wir wer­den nie alles wis­sen.
Und wer sich eines Tages ein­bildet, dass er alles weiß, und das dann auch noch sagt, der ist nicht erwach­sen, son­dern ein Rechthaber.
So sollte man aber nicht wer­den, denn rechthaberische Men­schen sind unbe­liebt.

Sich­er fra­gen Sie sich, was nun genau dieser heutige Tag der Jun­gendwei­he bedeuten soll, was sich mit diesem Tag für Sie ändert.

Auf die Anrede „Sie“, die Ihnen nun zuste­ht, leg­en die meis­ten nach mein­er Erfahrung nicht allzu viel Wert. Aber, dass wir Sie von heute an fra­gen müssen, ob wir Sie weit­er duzen dür­fen, ist ja schon mal was. Es ist mit Sicher­heit nicht das Wichtig­ste, was man schon daran sieht, dass es im Englis­chen, was ja heutzu­tage eine große Rolle auf der Welt spielt, diesen Unter­schied gar nicht gibt.

Let­ztlich, das wis­sen Sie, soll dieser Tag Ihnen sagen, dass die Kind­heit hin­ter Ihnen liegt und das Erwach­sen­sein begin­nt.
Gott sei Dank, wer­den Sie vielle­icht sagen.

Mit dem heuti­gen Tag geht für Euch das Leben richtig los.
Immer weniger entschei­den Ihre Eltern, immer mehr Sie selb­st.

Ver­liebt waren Sie längst gewe­sen oder sind es, manche nicht zum ersten Mal. Zun­genküsse braucht Ihnen nie­mand zu erk­lären, alles andere auch nicht mehr. Über aktuelle Musik wis­sen Sie ohne­hin im Regelfall bess­er Bescheid als Ihre Eltern. Was nicht schlimm ist, denn auch Ihre Eltern wollen etwas von Ihnen ler­nen.

Jugendwei­he hat wie schon erwäh­nt mit dem Erwach­sen wer­den zu tun und damit, dass wir Älteren, wir Erwach­se­nen Euch helfen wollen, dass Ihr Euch in dieser Welt auch zurechtfind­et. Diese Hil­fe ist manch­mal uner­wün­scht, sie wird Euch sog­ar gele­gentlich auf die Ner­ven gehen.

Damit müsst Ihr genau­so leben wie wir damit umzuge­hen haben, dass Ihr uns manch­mal auf die Ner­ven geht.

Ohne ein biss­chen Span­nung zwis­chen den Gen­er­a­tio­nen wäre das Leben lang­weiliger – und die Welt würde sich nicht weit­er entwick­eln.

Erziehen, so nen­nt man das, ist gar nicht leicht. Mit Ermah­nun­gen sam­meln Lehrer bei den Schülern und Eltern bei ihren Kindern nicht immer Punk­te. Und auch Ihr fragt Euch sich­er mehr als ein­mal: Was soll das? Auch weil Ihr das Gefühl habt: Die ganze Erziehung hat keinen Plan.

Aber diesen Plan haben Eure Eltern doch, auch wenn es nicht immer so aussieht. Sie waren ja selb­st in Eurem Alter, wis­sen aber, was danach so alles noch kom­men kann. Ihr soll­tet Ihnen auch weit­er­hin die Chance geben, Euch von ihrem Erfahrungsvor­sprung prof­i­tieren zu lassen.

Ganz Pfif­fige von Euch wer­den jet­zt denken:
Woher wis­sen die, was gut für mich ist?

Das meiste wis­sen die Eltern, weil sie genug Lebenser­fahrung haben, um zu wis­sen,
dass man zum Beispiel die Wahrheit sagen muss,
dass es bess­er ist, Ord­nung zu hal­ten
und vieles mehr.
Men­schen machen natür­lich Fehler, und wir Ältere ken­nen Umwege und Sack­gassen auch deshalb, weil wir gele­gentlich selb­st rein ger­an­nt sind.

Liebe Mäd­chen und Jun­gen,
ihr werdet für Euch selb­st zukün­ftig mehr Ver­ant­wor­tung tra­gen und für das, was Ihr tut, auch ver­ant­wortlich sein.

Was man Kindern noch durchge­hen lassen kann, weil sie eben noch unvernün­ftig sind, kann man bei Jugendlichen nicht mehr. Ver­nun­ft heißt, man weiß, was man tut. Man kann wei­t­er­denken, wie beim Schach spie­len, beim Fußball oder was Ihr son­st so spielt.

Euch wird schon langsam der Kopf rauchen: Umwege, Tugend, Ord­nung hal­ten, Ver­nun­ft, Ver­ant­wor­tung. Und das alles zur Jugendwei­he!

Ich will Euren guten Willen aber auch nicht über Gebühr stra­pazieren. Es geht näm­lich nicht um das brave Funk­tion­ieren nach aufgezwun­genen Regeln.
Zum Erwach­sen­wer­den und ‑sein gehört, etwas frei­willig zu tun, bess­er: die freie Entschei­dung, etwas zu tun oder es zu lassen.
Das ist fast das Kom­plizierteste am Erwach­sen­wer­den, aber das muss man ler­nen, Schritt für Schritt.

Die Frei­heit für etwas oder gegen etwas zu sein, unter­schei­det jeden Men­schen vom Sklaven.
Frei­heit ist darum ein wichtiges Grun­drecht in unserem Staat.
Aber: mit der Frei­heit muss man auch ver­ant­wortlich umge­hen.

„Frei­heit ist immer Frei­heit der anders Denk­enden, sich zu äußern.“ hat Rosa Lux­em­burg ein­mal gesagt. Also der Respekt vor dem Anderen.
Ich habe meine eigene Mei­n­ung, aber ich muss den anderen als Men­schen respek­tieren, der eben­so ein Recht hat auf seine Mei­n­ung, auch wenn ich sie falsch finde.
Frei­heit ist auch:
Man kann sein Taschen­geld sofort auf den Kopf hauen oder man kann etwas davon sparen.
Man kann Lügen, um sich zunächst Unan­nehm­lichkeit­en zu ers­paren, man kann aber auch die Wahrheit sagen, und zu sein­er Hand­lung ste­hen.
Man kann den ganzen Nach­mit­tag herumtrödeln, man kann aber auch fleißig sein, etwas Sin­nvolles tun.

Ich will Euch sagen, Ihr habt immer die Wahl, Euch für oder gegen etwas zu entschei­den. Diese Frei­heit kann Euch nie­mand abnehmen, und Ihr sollt sie Euch auch auf gar keinen Fall von irgend­je­man­dem abnehmen lassen. Aber, Ihr müsst immer auch an die Kon­se­quen­zen denken.

Was mir beson­ders am Herzen liegt, ist die Tol­er­anz.
Tol­er­anz ist für viele Erwach­sene lei­der ein Fremd­wort. Dabei ist es so ein­fach erk­lärt:
Achte die Mei­n­ung der Anderen so, wie Du willst, dass sie Deine Mei­n­ung acht­en.
Also, ver­sucht tol­er­ant zu sein, auch wenn es schw­er ist.
Die Men­schen in aller Welt wür­den sich viel Leid, Not und Elend ers­paren, wären sie tol­er­an­ter. Es gäbe keine Bombe­nan­schläge und wahrschein­lich über­haupt keine Kriege mehr.

Eure Eltern, Eure Fam­i­lien, haben lange viele Entschei­dun­gen für Euch getrof­fen. Ihr müsst jet­zt zunehmend selb­st Euer Leben bes­tim­men.

In der Fam­i­lie wer­den viele von Euch schon heute helfen, aber die Ver­ant­wor­tung, die Ihr übernehmt, wird wach­sen: Ihr werdet öfter die kleineren Geschwis­ter ver­sor­gen, vielle­icht abends auf die Kinder von Nach­barn oder Fre­un­den auf­passen und so Ver­ant­wor­tung für andere Men­schen übernehmen.

Es wird sich auch in der Schule einiges ändern:
Ihr werdet immer mehr selb­st ver­ant­wortlich für Eure Leis­tun­gen. Wer in der Schule nicht mit­macht und seine Hausauf­gaben schlud­ert, der wird irgend­wann nicht mehr mitkom­men und kann von den Lehrern irgend­wann auch nicht mehr mit­geschleppt wer­den.

Ihr werdet in den näch­sten Jahren zunehmend Fäch­er und Kurse wählen und abwählen kön­nen und damit selb­st Entschei­dun­gen tre­f­fen, was Ihr ler­nen wollt.
Das wird Auswirkun­gen darauf haben, für welche Aus­bil­dung Ihr Euch inter­essiert und welchen Beruf Ihr später ein­mal ergreift. Ihr stellt also selb­st die Weichen für später.

Manche von Euch sind aktiv in Grup­pen und Vere­inen. Wer sich von Euch für etwas engagiert, vielle­icht in ein­er Jugend­gruppe, der Frei­willi­gen Feuer­wehr, einem Sportvere­in oder an der Schule, der wird zunehmend auch Mit­gestal­ten kön­nen.
Ihr werdet gefragt wer­den, ob Ihr auch bei der Vor­bere­itung von Ver­anstal­tun­gen mithelfen wollt, vielle­icht selb­st eine Jugend­gruppe leit­en, vielle­icht im Sportvere­in eine Mannschaft von Jün­geren betreuen.

Es ist eine großar­tige Erfahrung, für andere ver­ant­wortlich zu sein und ich hoffe, dass viele von Euch eine solche Chance bekom­men und sie wahrnehmen.

Von den Ost­deutschen sagen Wis­senschaftler, dass sie mehr Beziehun­gen zu anderen Men­schen haben, mehr miteinan­der kom­mu­nizieren, wie es in der schw­er­fäl­li­gen Sprache der Experten heißt. Man kann es viel bess­er aus­drück­en: Fre­und­schaften sind den Ost­deutschen wichtig.
Sie reden gern miteinan­der. — Das muss ja nicht unbe­d­ingt im Unter­richt sein.
Sie tre­f­fen sich öfter auch in der Freizeit. Sie helfen sich. Man sagt sog­ar – und dieser Fachaus­druck gefällt mir – sie hät­ten eine beson­ders große Chaosqual­i­fika­tion.
Also, in schwieri­gen Sit­u­a­tio­nen wis­sen wir uns zu helfen. Und das Schwierig­ste sind immer die Beziehun­gen mit anderen Men­schen. Aber auch das Wun­der­barste.

Ihr müsst Euch über­legen, wem Ihr wirk­lich ver­traut. Mit wem Ihr Prob­leme und Sor­gen besprechen kön­nt, ob in der Fam­i­lie oder mit Euren Fre­un­den. Nichts ist schlim­mer, als Ver­trauen in jeman­den geset­zt zu haben und ent­täuscht zu wer­den. Aber auch solche Erfahrun­gen gehören dazu.

Eure Mei­n­ung wird ernst genom­men, wenn Ihr sie Euch selb­st gebildet habt, wenn Ihr selb­st nachgedacht und Euch entsch­ieden habt. Nachzu­plap­pern, was Mitschü­lerin­nen und Mitschüler oder Fre­unde, aber auch Lehrer oder Eltern Euch vorgeben, reicht nicht mehr aus.

Was Euch wichtig ist, was “wert-voll” ist, wer­den schließlich Eure Wertvorstel­lun­gen entschei­den.

“Werte” ist ein schw­eres Wort, aber keine und kein­er von Euch wird daran vor­beikom­men, sich früher oder später mit der Frage zu beschäfti­gen, was wirk­lich zählt.

Sind es schicke und teure Klam­ot­ten?
Sind es gute Noten in der Schule oder Anerken­nung für gute sportliche Leis­tun­gen?
Ist es Anerken­nung, die Ihr von Euren Eltern, Lehrern oder Fre­un­den bekommt?

Fühlt Ihr Euch manch­mal gut, weil Ihr jeman­dem geholfen habt, obwohl für Euch nichts dabei her­ausspringt? Vielle­icht einem Mitschüler bei den Hausauf­gaben, vielle­icht ein­er älteren Nach­barin im Trep­pen­haus beim Tra­gen des Einkaufs?
Heute ist lei­der nicht mehr selb­stver­ständlich, im Bus oder in der Straßen­bahn für ältere Men­schen den Platz freizu­machen, aber auch das soll­tet Ihr mal tun!
Das mag etwas alt­modisch klin­gen, aber ich bin sich­er, dass Ihr dieses Gefühl ken­nt, wenn sich der andere bedankt.

Viele Men­schen suchen ihr Leben lang nach etwas, was Ihrem Leben Sinn gibt und wonach sie sich aus­richt­en.
Denn die Fra­gen sind für alle Men­schen diesel­ben:
Worauf kommt es Euch im Leben wirk­lich an?
Was trägt jen­seits von materiellen Din­gen?
Was trägt Euch, wenn Ihr mal krank werdet oder arbeit­s­los seid, wenn Eure Fam­i­lie sich zer­stre­it­et und vieles im Leben schief zu laufen scheint?
Oder wenn zum Beispiel ein naher Ange­höriger stirbt?

Dann braucht man andere Men­schen, die Halt geben, denen man abso­lut ver­trauen kann und an denen man sich wieder aufricht­en kann.

Deshalb ist Ehrlichkeit ganz wichtig im Leben. Denn ohne Ehrlichkeit gibt es kein Ver­trauen, keine Fre­und­schaft und keine Treue. Sich­er seid Ihr auch schon ein­mal sehr ent­täuscht gewe­sen, weil ein ver­meintlich­er Fre­und oder Fre­undin Euch bel­o­gen hat, Euch im Stich gelassen hat oder etwas weit­er­erzählt hat, was Ihr ihm oder ihr anver­traut hat­tet. Ehrlich zu sein, ist deshalb das Wichtig­ste. Anderen, aber auch sich selb­st, nichts vorzu­machen und klar zu sagen, wenn man etwas nicht tun kann oder nicht tun will.

Ihr werdet es schon bemerkt haben. Alle diese Dinge, die ich Euch hier vor­ge­tra­gen habe, beruhen auf Überzeu­gun­gen, auf einem Fun­da­ment von Wertvorstel­lun­gen.
Sie sind der Kom­pass für das Zurechtfind­en im Plan des Lebens.

Dieser Kom­pass prägt unsere Ver­fas­sung, unsere Geset­ze, nach ihm ver­suchen wir gute Poli­tik zu machen, für die Men­schen, für ein har­monis­ches Zusam­men­leben miteinan­der.

Die Men­schen­würde ist wichtig für unsere gesellschaftliche Ord­nung.
Ein Men­sch hat ein Recht auf Leben in Würde, ganz egal, ob er groß oder klein ist, ob stark oder schwach, ob intel­li­gent oder weniger schlau.
Ganz egal auch, ob er alt, krank oder hil­fs­bedürftig ist, ob er Deutsch­er ist oder Aus­län­der.

Deswe­gen lautet der erste Absatz von Artikel 1 unseres Grundge­set­zes:
“Die Würde des Men­schen ist unan­tast­bar. Sie zu acht­en und zu schützen ist die Verpflich­tung aller staatlichen Gewalt.”

Dieses Men­schen­bild bedeutet aber auch, dass ein Men­sch seinen Wert nicht ver­liert, weil er etwas nicht geschafft hat oder etwas falsch gemacht hat. Es gibt Starke und Schwache, Schlaue und Dumme, aber niemals gibt es einige, die mehr wert sind als andere.

Lei­der, ist es in der Prax­is nicht immer so wie ich es ger­ade vor­ge­tra­gen habe, deswe­gen lohnt es sich aber zu stre­it­en und dafür zu kämpfen, dass der erste Absatz des Artikel 1 des Grundge­set­zes tat­säch­lich für all hier leben­den Men­schen gilt.

Ich will Euch sagen, was mir in meinem Leben sehr geholfen hat und täglich hil­ft.
Ich halte mich an fol­gende Weisheit:
“Was Du nicht willst, dass man Dir tut, das füg auch keinem andern zu!”

Wenn alle Rück­sicht auf den anderen nehmen, klappt das Miteinan­der bess­er und wir kom­men gemein­sam sehr viel bess­er voran.
Vergesst nie, dass Ihr selb­ständi­ge Men­schen und eigen­ständi­ge Per­sön­lichkeit­en seid. Beachtet die Spiel­regeln, die für alle gel­ten, aber lasst Euch nicht bevor­munden und nicht zwin­gen.

Lassen Sie sich nicht einre­den, Sie müssten sein wie jemand anders, und ver­lan­gen Sie von Nie­man­dem, sie oder er solle sein wie Sie oder wie son­st jemand. Manch­mal ist man mit sich selb­st unzufrieden. Man möchte größer sein, oder stärk­er, schön­er natür­lich, schneller, klüger und so weit­er. Viel, viel wichtiger aber ist, dass jede und jed­er von uns nur ein­mal da ist, unver­wech­sel­bar, ein­ma­lig.

Habt Ziele und Träume. Nie wer­den alle Träume wahr, das geht uns allen so. Seid darum nicht ent­täuscht, wenn es mal nicht klappt und lasst Euch nicht ent­muti­gen.

Aber ohne Träume wer­den wir trau­rig, das Leben erscheint öd und leer.
Ihr sollt an die große Liebe glauben, auch wenn nicht jede Part­ner­schaft hält.
Ihr sollt an das Ver­trauen in der Fam­i­lie und zwis­chen Fre­un­den glauben, auch wenn es Unaufrichtigkeit und vielle­icht sog­ar Intri­gen gibt.
Ihr sollt an den Sinn des Lebens glauben, auch wenn vieles dumm läuft.

Dieses eine Leben, das wir haben, ist das größte Aben­teuer, das es gibt.

Ihr habt die Chance, es mit wachen Sin­nen zu genießen. Deshalb soll­tet Ihr Euch auch die Sinne nicht vernebeln, der Abflug auf die Dro­gen-Wolke endet mit schön­er Regelmäßigkeit im Absturz. Und im vorzeit­i­gen Altwer­den – und das muss ja nun wirk­lich nicht sein!

Bildet Euch Eure eigene Mei­n­ung und vertretet sie. Habt Respekt vor anderen Überzeu­gun­gen. Schaut nicht weg, wenn Ihr Unrecht und Gewalt seht. Das kann mit Kleinigkeit­en anfan­gen, aber es zer­stört am Ende alles.

Liebe Mäd­chen und Jun­gen,
das ist heute Ihr Tag. Aber ein paar Bemerkun­gen müssen auch Ihren Eltern gehören. Die erleben diese Feier­stunde ganz anders als Sie.
Das gle­iche Wort, das gle­iche Ereig­nis kann für einen anderen etwas ganz Anderes bedeuten als für einen selb­st.

Ich ver­mute, dass sich Ihre Eltern heute daran erin­nern, wie schnell aus ihren eben noch kleinen Kindern junge Erwach­sene gewor­den sind. Für Sie, liebe Jugendliche, waren es lange, lange vierzehn Jahre, für Ihre Eltern eine rasend ver­gan­gene Zeit.

Hören Sie nicht auf, auch mal auf Ihre Eltern zu hören, und Sie, liebe Eltern, Großel­tern und Lehrer, hören Sie auf diese jun­gen Men­schen.
Sie denken anders, sie leben schon anders, sie haben andere Inter­essen. Sie kön­nen liebevoll miteinan­der darüber stre­it­en, aber respek­tieren Sie dieses Ander­s­sein.

Liebe Mäd­chen und Jun­gen,
Ihre Eltern, Ver­wandten und Fre­unde wer­den Ihnen heute Vieles wün­schen.
Ich weiß gar nicht, ob man sich an solche Wün­sche später erin­nert und ob man guten Ratschlä­gen über­haupt fol­gen kann. Ich weiß nicht ein­mal, ob ich ein Recht habe, Ihnen auch etwas dazu zu sagen.
Natür­lich wün­sche ich Ihnen alles Gute für ihre Zukun­ft.

Jedoch, solche Wün­sche ändern ja nicht die Welt.
Vieles hängt nicht von Ihren Eltern ab, auch nicht von Ihnen.
Sie wer­den es nicht immer leicht haben. Aber das wis­sen Sie selb­st.

Da Ihre Eltern heute beson­ders fre­undlich sind, auch die ern­stesten Wün­sche liebevoll aus­drück­en wer­den, will ich es zum Schluss übernehmen, einen Wun­sch etwas drastis­ch­er zu for­mulieren:
Ver­suchen Sie, keinen großen Mist zu machen in Ihrem Leben.
Es gibt ganz Blödes, Unwürdi­ges, Vieles, das hin­ter­her nicht mehr ungeschehen gemacht wer­den kann.
Passen Sie auf sich auf!

Ihre Eltern und Ihre Fre­unde wer­den immer für Sie da sein.
Aber let­ztlich entschei­den oft nur Sie.
Das ist das Prob­lem des Erwach­sen­seins.
Aber auch eine Chance.

Vergessen Sie nie:
Es gibt nichts Besseres auf dieser Welt als Sie,
aber auch nichts Schlechteres als Men­schen,
die vergessen, dass dies für alle Men­schen gilt.

Vie­len Dank das Sie mir zuge­hört haben! Glück Auf!