Rede zur Ausstellungseröffnung „NICHT MIT UNS !“ – Sächsische Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter im Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur

Sehr geehrte Damen und Her­ren,
liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen und – natür­lich –
liebe Genossin­nen und Genossen!

Jede und jed­er möge jet­zt selb­st entschei­den, von welch­er Anrede er oder sie sich ange­sprochen fühlt. Die Zeit­en haben sich entspan­nt.
Heute stellen wir uns gemein­sam den Nazis ent­ge­gen – und haben damit Erfolge, nicht nur in Dres­den.

Uns tren­nt dabei nicht mehr die Frage des richti­gen Klassen­stand­punk­tes bzw. der wahren Demokrat­en oder Antifaschis­ten.
Ob Sozialdemokrat oder Sozial­istin, Christin oder Kom­mu­nist – all dies sind Unter­schiede, die uns nicht mehr tren­nen, wenn es um das Entschei­dende geht: die gemein­same Vertei­di­gung ein­er human­is­tisch ori­en­tierten Zivil­i­sa­tion gegen Men­schen­feindlichkeit und die Lüge alter und neuer Nazis von ver­meintlich ungle­ich werten Men­schen­leben.

Sach­sen war vor 1933 die Hochburg der Gew­erkschaften in Deutsch­land – und lei­der auch eine Hochburg der Nazis. Dieses drama­tis­che Span­nungs­feld zieht sich in gewan­del­ter Form bis heute:
Zivil­courage Tausender, die u.a. den europaweit größten Nazi­auf­marsch in Dres­den been­det haben, und das, was der Sozialdemokrat Wolf­gang Thierse als „säch­sis­che Demokratie“ an den Pranger gestellt hat: Nazis wür­den geschützt, und Gegen­demon­stran­ten ver­fol­gt.

Nun wollen wir die sprich­wörtliche Kirche im Dorf lassen.
Die von uns kri­tisierte Krim­i­nal­isierung friedlichen Protestes führt nicht mehr zu langjähri­gen Haft­strafen oder gar in Ver­nich­tungslager.

Wir haben uns da im Regelfall mit juris­tis­chen Bagatellfällen auseinan­derzuset­zen. Das unter­schei­det die Zeit­en, denen sich diese ver­di­en­stvolle Wan­der­ausstel­lung des DGB Sach­sen wid­met, von der säch­sis­chen Gegen­wart im 21. Jahrhun­dert.

Es geht heute auch nicht um ille­gale Aktiv­itäten im Unter­grund. Son­dern um etwas für Sach­sen Exis­ten­zielles.
Zu unser­er Tra­di­tion gehört nicht nur ein verblich­enes Königshaus, auf das Kon­ser­v­a­tive gern den his­torischen Sach­sen­stolz zus­pitzen.
Zur säch­sis­chen Tra­di­tion gehören auch die Kell­ner­in und der Met­al­lar­beit­er, die dem braunen Ungeist die Stirn zeigten.
Ihnen gibt diese Ausstel­lung ein Gesicht.

Dies ist zugle­ich eine Ermu­ti­gung all der­er Men­schen, die heute über­all in Sach­sen Bünd­nisse für eine bunte Gesellschaft schmieden, wenn Nazis Straßen und Plätze in Beschlag nehmen wollen. Dieses Engage­ment bleibt lei­der nicht immer von Anfein­dun­gen ver­schont, und deshalb bedarf es solch organ­isiert­er Ermu­ti­gun­gen wie dieser.

Wenn wir fra­gen: Wohin wollen wir gehen?
Dann müssen wir auch wis­sen, woher wir kom­men.
Unsere heutige Frei­heit und Demokratie sind nicht das zufäl­lige gesellschaftliche Abfall­pro­dukt von Inter­net,  Smart­phone und schick­en dig­i­tal­en Beteili­gungs-Plat­tfor­men. Diese großen Leitideen haben eine lebendi­ge All­t­ags­geschichte mit säch­sis­chen Beson­der­heit­en.

Ich danke dem DGB Sach­sen dafür, dass er uns das anschauliche Zeug­nis dieser beein­druck­enden Ausstel­lung zur Ver­fü­gung gestellt hat.

Wie beein­druck­end sie ist, wer­den wir sich­er beim gemein­samen Ausstel­lungsrundgang unter sachkundi­ger Regie von Dr. Willy Buschak sehen, dem wir maßge­blich diese Ausstel­lung ver­danken.
Zuvor spricht Markus Schlim­bach, stel­lvertre­tender DGB-Vor­sitzen­der in Sach­sen, über die Dop­pel­funk­tion der Gew­erkschaften als Arbeit­nehmer-Inter­essen­vertre­tung und wichtiges Ele­ment ein­er demokratisch ver­fassten Gesellschaft.

Gestern wurde vom Land­tagspräsi­den­ten in der Bürg­er­lob­by eine Ausstel­lung der zwei säch­sis­chen Kun­sthochschulen mit dem Titel: „Zwei schöne Schwest­ern“ eröffnet.
Irgend­wie sind wir – also SPD und LINKE – auch so etwas wie Schwest­ern — im Geiste. Schöne so wieso .
Dem­nach wäre die Gew­erkschaft eigentlich unsere gemein­same Mut­ter, ste­ht sie doch für die ganze Geschichte des neuzeitlichen Kampfes um soziale Gerechtigkeit, in die unsere Parteien hineinge­boren wor­den sind.

Nach vie­len gemein­samen par­la­men­tarischen Ini­tia­tiv­en ist dies nun auch mal eine gemein­same Ver­anstal­tung von LINKEN und SPD hier im Land­tag.  Deshalb ist mein Kol­lege Mar­tin Dulig, Vor­sitzen­den der SPD-Frak­tion im Säch­sis­chen Land­tag, von der 2. Etage an der CDU auf dem 3. Stock­w­erk vor­bei zu uns in die 4. Etage gekom­men.
Mar­tin, Du hast das Wort!