Seniorenkonferenz der Fraktion DIE LINKE

Sehr geehrte Senior­in­nen und Senioren, Sehr geehrte Damen und Her­ren, liebe Genossin­nen und Genossen,

ich darf Sie und natür­lich euch anlässlich der Lan­deskon­ferenz der Senior­in­nen und Senioren der Frak­tion DIE LINKE im Säch­sis­chen Land­tag her­zlich begrüßen. Das The­ma der diesjährige Senior_innenkonferenz lautet: „Alters­bilder, so dif­feren­ziert wie das Leben“. Mit Alter verbinden vor allem viele junge Men­schen ihre Großel­tern und denken dabei an einen älteren Her­rn im Schaukel­stuhl mit Pfeife und an die Oma, die mit Schürze und Dutt am Herd ste­ht. Genau das sind die aktuellen Alter­sklis­chees. Dabei beruhen vielfach vorherrschende Alters­bilder noch auf der Wahrnehmung früher­er Gen­er­a­tio­nen. Das Bild vom Alter ist aber divers und auch die Lebensen­twürfe im Alter sind durch­weg ver­schieden. Altern ist eben etwas sehr Indi­vidu­elles.

Solange der Kör­p­er mit­spielt und damit Frei­heit­en zulässt, nehmen viele ihr Alter als sehr lebenswert an. Ältere fahren selb­stver­ständlich in den Urlaub, treiben Sport oder engagieren sich ehre­namtlich.

Stu­di­en bele­gen es: Die heute über 80-Jähri­gen fühlen sich im Schnitt 10 bis 15 Jahre jünger als ihre Vorgänger­gen­er­a­tion.

Im Kon­text dieser Entwick­lung hat das Bun­desk­abi­nett 2010 den Sech­sten Altenbericht unter dem Titel “Alters­bilder in der Gesellschaft” behan­delt. Das Ziel dabei war, real­is­tis­che Alters­bilder her­auszuar­beit­en und diese durch eine öffentliche Debat­te in der Gesellschaft zu ver­ankern.

Daran möcht­en wir uns heute ori­en­tieren und mit Euch ins Gespräch kom­men. Wir wer­den dafür zunächst drei Impul­srefer­ate hören:

Der ehe­ma­lige Land­tagsab­ge­ord­nete, Dr. Diet­mar Pell­mann wird über die „Alters­bilder im Wan­del: das Beispiel Alter­sar­mut in Sach­sen“ sprechen.

Anschließend wird uns Frau Clau­dia Bähr als Ref­er­entin der Bun­destags­frak­tion DIE LINKE einen Überblick über „Die Alters­bilder im 6. Alters­bericht der Bun­desregierung und ihre Fortwirkung in Poli­tik und Gesellschaft“ ermöglichen.

Die Lei­t­erin der Geschäftsstelle Leipzig vom ‘Der Par­itätis­che Sach­sen’, Frau Elke Pohl wird zudem der Frage nachge­hen: „Was erwarten wir vom Alter?“.

An dieser Stelle möchte ich die Referent_innen her­zlich begrüßen und mich dafür bedanken, dass sie unser­er Ein­ladung gefol­gt sind.

Ins­ge­samt wird es heute um die Frage gehen, wie sich Alters­bilder in den ver­schiede­nen Bere­ichen des Lebens auswirken, z. B. auf die Beziehun­gen der Gen­er­a­tio­nen.

Und es geht um die Frage, welche Rollen älteren Men­schen in unser­er Gesellschaft offen ste­hen und was von ihnen in diesen Rollen erwartet wird.

Alters­bilder haben Ein­fluss darauf, was jün­gere Men­schen für ihr Alter erwarten und darauf, was Ältere sich zutrauen.

Darüber hin­aus sind diese Alters­bilder bedeut­sam für die Art und Weise, wie Alter im poli­tis­chen Diskurs the­ma­tisiert und wie ältere Men­schen ange­sprochen wer­den.

Alt sein heißt dabei nicht mehr in erster Lin­ie hil­fe- und pflegebedürftig sein, son­dern aktiv am Leben teil­haben — mit dem Gefühl gebraucht zu wer­den.

Die wider­sprüch­lichen Stereo­type vom Alter — Ange­fan­gen mit dem Neg­a­tiv­bild „Alter = krank und bedürftig“ bis hin zur pos­i­tiv­en Überze­ich­nung „Alter = vergnü­gungssüchtig und ver­schwen­derisch“ erschw­eren den Gen­er­a­tionsaus­tausch mit Fol­gen für Jung und Alt:

Die jün­gere Gen­er­a­tion scheut sich bei solchen Stereo­typen vor Kon­tak­ten mit der älteren Gen­er­a­tion, es entste­hen Äng­ste vor dem eige­nen Älter­w­er­den und der Gen­er­a­tio­nenkon­flikt wird befördert.

Doch ger­ade das, was der jün­geren Gen­er­a­tion mit­gegeben wer­den kann und gle­ichzeit­ig die ältere Gen­er­a­tion von der jün­geren ler­nen kann, darf nicht unter­schätzt wer­den.

Und es gibt einige Möglichkeit­en gen­er­a­tionsüber­greifend in Kon­takt zu kom­men. Ein Beispiel sind die Mehrgen­er­a­tionspro­jek­te, die Begeg­nung zwis­chen den Gen­er­a­tio­nen und eine neue Mehrgen­er­a­tio­nen­per­spek­tive ermöglichen.

Auch in der Arbeitswelt find­en sich Beispiele:

So ist es nicht neu, dass Unternehmen soge­nan­nte Gen­er­a­tio­nen-Tandems oder auch Gen­er­a­tio­nen­teams grün­den, in denen Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmer ver­schieden­er Leben­salter in ein­er Arbeits­gruppe zusam­menge­fügt wer­den.

Dadurch verän­dern sich die Alters­bilder erhe­blich, gle­ichzeit­ig geht aus diesem Gen­er­a­tio­nen­pro­jekt eine höhere Pro­duk­tiv­ität und Kreativ­ität her­vor. Eben diese Gele­gen­heit­en im direk­ten Umfeld haben für den Leben­sall­t­ag älter­er Men­schen eine beson­dere Bedeu­tung.

Doch es find­et sich auch in den Kom­munen vor Ort gute Voraus­set­zung dafür, die Akteure für eine erfol­gre­iche Senioren­poli­tik zusam­men­zubrin­gen.

Weit­er­er Befunde zeigen, dass Men­schen mit zunehmen­dem Leben­salter andere For­men von Kreativ­ität entwick­eln und die Beteili­gung und das Engage­ment eine große Rolle spie­len.

Vor allem aber ist die Frei­heit im Alter ein entsch­ieden­er Fak­tor, die Frei­heit die nach dem Berufs- und Fam­i­lien­leben entste­ht, durch die man seinen per­sön­lichen Inter­essen fol­gen kann.

Durch frei­williges Engage­ment kann die nach­beru­fliche Leben­sphase mit Aktiv­itäten gefüllt wer­den. Ältere Men­schen wollen eben in der Mitte der Gesellschaft aktiv sein, sie wollen den öffentlichen Raum mit­gestal­ten und somit der Gesellschaft etwas zurück­geben.

Doch so schön das Ide­al vom Leben im hohen Alter klingt, gesellschaftlich spie­len die Men­schen ab einem gewis­sen Alter eine eher unter­ge­ord­nete Rolle.

Poten­ziale bleiben unent­deckt und bei den Betrof­fe­nen entste­ht das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu wer­den. Um ein pos­i­tives Lebens­ge­fühl im hohen Alter zu unter­stützen, braucht es infra­struk­turelle Vor­gaben und Verän­derun­gen.

Dafür muss die Poli­tik die gesellschaftlichen Rah­menbe­din­gun­gen schaf­fen, also z.B. wir hier im Säch­sis­chen Land­tag.

Die anhal­tende Debat­te um den demografis­chen Wan­del ver­mit­telt die gesellschaftliche Alterung immer noch als Bedro­hung. Jedoch kön­nte man den Wan­del auch als Gestal­tungsauf­gabe ver­ste­hen, als etwas Pos­i­tives!

Denn ist nicht damit vor allem eine deut­lich zunehmende Lebenser­wartung ver­bun­den? Und wir wer­den doch gerne alle etwas älter.

Eine tick­ende Zeit­bombe ist das The­ma der zunehmenden Alter­sar­mut, davor dür­fen wir auf keinen Fall die Augen ver­schließen.

Die soziale Ungle­ich­heit wird ger­ade mit zunehmen­dem Leben­salter immer größer. Zudem sind 2/3 der Beziehen­den von Grund­sicherung im Alter Frauen. Eine logis­che Kon­se­quenz, da Frauen mit 65% die größte Gruppe im Niedriglohn­bere­ich darstellt.

Vor dem Hin­ter­grund der zunehmenden sozialen Ungle­ich­heit im Alter müssen alle renten­poli­tis­chen Entschei­dun­gen gedacht wer­den. Dabei hat die Poli­tik die Auf­gabe die Men­schen dafür zu sen­si­bil­isieren, dass es natür­lich alte Men­schen mit Besitz gibt und eben auf der anderen Seite alte Men­schen, die im Prekari­at Leben bzw. über sehr geringe Einkün­fte ver­fü­gen.

Diese Gruppe wird zunehmen!

Daher fordert DIE LINKE nicht nur eine Min­de­strente, son­dern hat sich jahre­lang auch für einen geset­zlichen Min­dest­lohn einge­set­zt, der vor Alter­sar­mut schützt.

DIE LINKE wen­det sich zudem gegen die poli­tis­che Instru­men­tal­isierung der unter­schiedlichen Gen­er­a­tio­nen in unserem Land:

In der Renten­de­bat­te wird zum Beispiel der steigende Anteil Älter­er auch zum Anlass genom­men, einen ange­blichen “Gen­er­a­tio­nenkon­flikt” zu schüren, um den Gen­er­a­tio­nen­ver­trag und die Geset­zliche Renten­ver­sicherung (GRV) zu unter­graben.

Ander­er­seits wird von eini­gen Poli­tik­ern mit der rel­a­tiv hohen Wahlteil­nahme der älteren Gen­er­a­tion davor gewarnt, dass die Inter­essen jün­ger­er immer mehr unberück­sichtigt bleiben.

Gern wer­den die Älteren wiederum als Ziel­größe in der Wer­bung für mehr Kon­sum gese­hen. Ältere also, die auf schö­nen Kreuz­fahrtschif­f­en in der Sonne liegen und ihre Rente bzw. Pen­sion genießen, die die jün­gere Gen­er­a­tion nie erre­ichen wird.

Die Zus­tim­mung zum Gen­er­a­tio­nen­ver­trag wird gefährdet, wenn z. B. ein völ­lig verz­er­rtes Bild von der in Wirk­lichkeit nicht schlecht­en, aber auch nicht berauschen­den wirtschaftlichen und sozialen Sit­u­a­tion “der” Älteren geze­ich­net wird und der hohe Anteil von Beziehern niedriger Renten und Alter­seinkom­men aus­geklam­mert wird.

Eins ste­ht aber fest, in unser­er Ver­ant­wor­tung ste­ht eine große sozialpoli­tis­che Her­aus­forderung. Gle­ichzeit­ig haben wir neben der poli­tis­chen Ver­ant­wor­tung eine Gesamt­ge­sellschaftliche, indem wir Alters­bilder eben neu denken und ver­bre­it­en müssen. Mit der heuti­gen Senior_innenkonferenz soll ein erster Impuls dafür gelegt wer­den. Denn wie kon­sta­tierte bere­its Cicero vor über 2000 Jahren: Nicht das Alter sei unser Prob­lem, son­dern unsere Ein­stel­lung dazu.

Nun freue ich mich sehr, so viele bekan­nte Gesichter zu sehen und wün­sche uns einen inter­es­san­ten und infor­ma­tion­sre­ichen Vor­mit­tag!