Meine Rede zu unserem Antrag “Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zur Regierungsfähigkeit der Staatsregierung bei der Lösung der drängendsten Probleme in Sachsen“

Anrede//

Lei­der kann der noch Min­is­ter­präsi­dent heute nicht per­sön­lich die von uns gewün­schte Regierungserk­lärung abgeben, weil er auf dem Weg ist, um mit den chi­ne­sis­chen Kom­mu­nis­ten über die Zukun­ft Sach­sens zu ver­han­deln. Zumin­d­est in wirtschaftlich­er Hin­sicht.

Im Inter­esse der Bürg­erin­nen und Bürg­er des Freis­taates Sach­sen wün­sche ich ihm dabei viel Erfolg!

Nur finde ich es schon echt symp­to­ma­tisch für die säch­sis­che Poli­tik, wie mit dem Par­la­ment umge­gan­gen wird. In der Regel tagt das säch­sis­che Par­la­ment an 2 Tagen im Monat. Die Reise der Staat­sregierung – mit dem MP und weit­eren zwei Min­is­tern — begin­nt genau am Tag der Ple­nar­sitzung.

Ich, wir find­en das eine boden­lose Frech­heit, wie hier mit dem Par­la­ment umge­gan­gen wird!

Die Lan­despoli­tik steckt in ein­er Legit­i­ma­tion­skrise.

Nicht nur die Wäh­lerin­nen und Wäh­ler laufen der Poli­tik in Scharen davon, viele von ihnen bekun­den ihren Unmut mit den Regieren­den offen auf der Straße. Ein gesellschaftlich­er Recht­sruck hat sich ereignet, der das poli­tis­che Kli­ma vergiftet und Gewalt, ob spon­tan oder organ­isiert, als ein Mit­tel der poli­tis­chen Auseinan­der­set­zung prak­tiziert.

Deswe­gen muss die Lan­desregierung sofort umge­bildet wer­den und nicht erst im Dezem­ber. Das Land steckt in ein­er schw­eren poli­tis­chen Krise.

Es braucht deshalb eine hand­lungs­fähige Regierung.

Die inner­parteilichen Quere­len in der CDU dür­fen nicht über dem Wohl des Lan­des ste­hen.

Im Übri­gen hätte ich aus dem Mund des säch­sis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten schon gern ver­nom­men, was er denn meint mit – Zitat:

“Wir ste­hen heute vor großen gesellschaftlichen Her­aus­forderun­gen.“

Welche Her­aus­forderun­gen meint der Min­is­ter­präsi­dent damit?

Am 18. Okto­ber sagte der amtierende Min­is­ter­präsi­dent dann noch fol­gen­des:

„Ich bin davon überzeugt: Für eine gute Zukun­ft Sach­sens sind auch neue Antworten wichtig. Es braucht den Mut, gewohnte Bah­nen zu ver­lassen. Wir dür­fen nicht im Gestern und Heute gefan­gen sein.“

Na da stimme ich dem noch Regierungschef aber so was von zu.

Nur, für wen hat er denn diese Aus­sagen getrof­fen?

Die CDU-Frak­tion mit ihrem Frak­tionsvor­sitzen­den Kupfer kann damit nicht gemeint sein.

Denn nach der Klausur der CDU-Frak­tion sagt der Frak­tionsvor­sitzende Kupfer:

„Wenn wir jet­zt eine 180-Grad-Wende machen wür­den, dann hieße das, wir haben 27 Jahre die falsche Poli­tik gemacht. Das haben wir aber nicht“.

Also keine neuen Antworten.

Keinen Mut, gewohnte Bah­nen zu ver­lassen, so wie es der amtierende Min­is­ter­präsi­dent am 18. Okto­ber gefordert hat­te.

Aber es ist ja auch nur der Rück­tritt des Min­is­ter­präsi­den­ten.

Da hat jemand schein­bar Ver­ant­wor­tung über­nom­men und Sie von der CDU kön­nen weit­er­ma­chen wie bish­er.

Also alle Entschei­dun­gen der Staat­sregierung mit­tra­gen. Alle Entschei­dun­gen noch vertei­digt, als es selb­st in ihren Rei­hen klu­gen Poli­tik­ern aufge­fall­en ist, dass das eine Sack­gasse ist.

Aber im Stile ein­er echt­en Staatspartei haben Sie ihre eigene falsche Poli­tik auch noch vertei­digt, als Sie längst wussten, dass sie falsch ist.

Herr Kupfer zumin­d­est, Ihnen sollte der Spruch: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ bekan­nt sein, auch wenn er so nie gefall­en sein mag.

Er stimmt trotz­dem!

Liebe Kol­legin­nen und Kol­le­gen!

Das Land braucht einen echt­en Neuan­fang. Der ist mit der Per­son­alie Michael Kretschmer nicht möglich. Der langjährige CDU-Gen­er­alsekretär ist mitver­ant­wortlich für die poli­tis­che Mis­ere in Sach­sen. Er verkör­pert die Krise und keinen Neu­nan­fang und deswe­gen kann bei Ihrer Klausur auch nichts anders her­auskom­men und ich bekräftige meine Ein­schätzung:

Ihre „Eck­w­erte“ sind Real­satire pur. Sie bele­gen vor allem, dass bei der CDU-Lan­despoli­tik nichts mehr rund läuft.

Sie verkün­den, man werde „weit­er­hin“ in Bil­dung­sein­rich­tun­gen, Verkehr, Polizei, Jus­tiz, Bre­it­band u.a. investieren.

Der Per­son­al­not­stand in den Jus­tizvol­lzugsanstal­ten, der Lehrerman­gel, geschlossene Polizeire­viere, der Rück­stand beim schnellen Inter­net und Riesen­löch­er im Netz eines bedarf­s­gerecht­en öffentlichen Per­so­nen­nahverkehrs auf dem Lande stellen unter Beweis:

Von „weit­er­hin“ kann über­haupt keine Rede sein. Sie müssten endlich mal richtig anfan­gen, meine Damen und Her­ren von der CDU!

Unser Antrag benen­nt in neun Punk­ten die aktuelle Agen­da, die jet­zt von der Staat­sregierung abzuar­beit­en ist:

  • Sich­er­stel­lung der Lehrer*innen-/Unterrichtsversorgung an allen säch­sis­chen Schulen,
  • Gewährleis­tung der Erfül­lung der Daseinsvor­sorgeauf­gaben in den ländlichen Räu­men, ein­schließlich eines Öffentlichen Nahverkehrs mit ein­heitlichem Tar­if­sys­tem sowie des bezahlbaren und bar­ri­ere­freien Wohnens in allen Orten,
  • Absicherung der lan­desweit­en gesund­heitlichen und (fach)ärztlichen Ver­sorgung,
  • flächen­deck­ende dig­i­tale Ver­sorgung mit min­destens 50 Mbit/s‑eigentlich 100 Mbit/s Date­nau­to­bah­nen
  • Umgang mit den kom­plex­en Fol­gen und Wirkun­gen des demografis­chen Wan­dels in allen gesellschaftlichen Bere­ichen,
  • uneingeschränk­te Gewährleis­tung der rechtsstaatlichen Funk­tio­nen und Auf­gaben der säch­sis­chen Polizei, Jus­tiz und Strafvol­lzug durch eine dazu erforder­liche, deut­lich verbesserte Personal‑, Sach- und Finan­zausstat­tung,
  • Entwick­lung und Aus­bau ein­er starken Demokratie statt eines starken Staates,
  • Ergreifen wirk­samer Maß­nah­men gegen das Erstarken der extremen Recht­en,
  • Über­win­dung der nach wie vor beste­hen­den Benachteili­gun­gen des Ostens und der ost­deutschen Bevölkerung.

Wie antwortet das „Weit­er so“ der Frak­tion­sklausur der CDU mit dem desig­nierten CDU-Min­is­ter­präsi­den­ten Kretschmer?

Sie verkün­den – frei von jeglichem Selb­stzweifel – im Brust­ton der Auto­sug­ges­tion: Ihr Ziel seien „gle­ich­w­er­tige Lebensver­hält­nisse und gle­iche Chan­cen für alle Sach­sen, jung und alt, in Stadt und Land.“

Von den gle­ich­w­er­ti­gen Lebensver­hält­nis­sen über­all in Sach­sen ist das Land nach­weis­lich weit­er ent­fer­nt als jemals zuvor. Entwed­er wollen Sie immer noch der Bevölkerung was vor­gaukeln. Oder Sie haben immer noch nicht begrif­f­en, dass Ihre bish­erige „Leucht­turm-Poli­tik“ die Spal­tung des Lan­des vor­angetrieben hat. Bei­des ist gle­ich pein­lich!

Und dann kommt wieder Ihr Mantra von der „Investi­tion­squote“. Das zeigt die verengte Welt­sicht, weil sie jeden Zen­time­ter Beton als Investi­tion ver­bucht, aber zum Beispiel Lehr- und Polizeikräfte als Kon­sum abw­ertet. Diese Sicht ist über­holt. Es bringt auch nichts, „starke“ Kom­munen zu proklamieren, wenn man die Ver­ant­wortlichen vor Ort in einem Dic­kicht aus För­der­mit­tel-Regeln fes­selt.

Sach­sen braucht Region­al­bud­gets zur selb­stver­ant­wortlichen Ver­wen­dung!

Sach­sen braucht für die hier leben­den Men­schen ein eigenes, seinen Beson­der­heit­en und Stärken entsprechen­des Pro­fil nach­haltiger wirtschaftlich­er und sozialer Entwick­lung.

Der säch­sis­chen Staat­sregierung man­gelt es daran seit langem. Sie ver­fügt über keine schlüs­sige Gesellschaftsper­spek­tive, die über das Dog­ma von der Selb­streg­ulierung durch die Märk­te und die Poli­tik des Zurückschnei­dens des Staates zugun­sten des Mark­tes, den Abbau der Staatsver­schul­dung durch Senkung der Staat­saus­gaben, hin­ausweist.

Die säch­sis­chen Christ­demokrat­en müssen ihren poli­tis­chen Allein­vertre­tungsanspruch endlich aufgeben und die zivilge­sellschaftlichen Kräfte in diesem Land stärken bzw. ihnen nun endlich die Chance geben, sich zu entwick­eln.

Um Sach­sen wieder aus der poli­tis­chen Krise her­auszuführen, braucht es keine soge­nan­nten „deutschen Werte“.

Was immer das auch sein mag. Und auch keinen „starken Staat“, wie Michael Kretschmer oder Frank Kupfer behaupten.

DIE LINKE set­zt nicht auf das Mod­ell des starken Staates, son­dern des  „koop­er­a­tiv­en Staates“.

Das heißt, wir wollen „eine Schw­er­punk­tver­lagerung von admin­is­tra­tiv­en zu koop­er­a­tiv­en Hand­lungs­for­men des Staates“ erre­ichen.

Das Land braucht dazu ein entsprechend aufgeschlossenes geistiges Kli­ma.

Ein Kli­ma von Inno­va­tion und Gerechtigkeit in der Gesellschaft, für das die Poli­tik und die Medi­en große Ver­ant­wor­tung tra­gen.

Und weil Inno­va­tion und tech­nol­o­gis­ch­er Fortschritt ohne den Aus­tausch von Ideen über kul­turelle und fach­liche Gren­zen hin­weg heute nicht denkbar sind, unter­stützt DIE LINKE den gren­züber­schre­i­t­en­den Aus­tausch und heißt alle engagierten und kreativ­en Men­schen im mod­er­nen Bil­dungs- und Kul­tur­land Sach­sen willkom­men.

Was wir brauchen, sind Struk­turen der Reflex­ion. Eine Akzep­tanz und Tol­er­anz des Protestes.

Was wir brauchen, sind soziale Räume für kul­turelle Lern­prozesse und selb­st­bes­timmte Prak­tiken, die geschaf­fen und erhal­ten wer­den müssen.

Diese Räume sind Räume des Möglichen, in denen Erfahrun­gen aus­ge­tauscht wer­den kön­nen.

Es sind Räume, in denen sich eine wider­ständi­ge, sol­i­darische All­t­agsprax­is ent­fal­ten kann.

Es sind Orte, an denen Neues entste­hen kann.

Es ist Auf­gabe mod­ern­er Kul­tur­poli­tik, struk­turelle, also insti­tu­tionelle und per­son­elle Voraus­set­zun­gen dafür zu schaf­fen.

Wir wollen, dass sich die Kreativ­ität der Bürg­er­schaft ent­fal­ten und Unvorherge­se­henes ereignen kann.

Was wir nicht mehr brauchen, ist das Pfle­gen von ‚lands­man­nschaftlichem Zusam­men­halt, der auf Stolz fußte.

Stolz, als Vor­re­it­er der ökonomis­chen, gesellschaftlichen und kul­turellen Entwick­lung in Ost­deutsch­land , wie es die CDU seit Anfang der 90iger Jahre getan hat.

Dieser Säch­sis­che Chau­vin­is­mus, der mit der Über­höhung der eige­nen Gruppe und damit der Abw­er­tung vom Frem­den ein­herge­ht, ist die Grund­lage des ausufer­n­den Ras­sis­mus ger­ade hier im Freis­taat Sach­sen.

Die CDU hat Sach­sen in die schw­er­ste poli­tis­che Krise seit 1989 gestürzt und tut nun so, als sei die Debat­te über Auswege aus der Mis­ere die Pri­vatan­gele­gen­heit des Noch-Min­is­ter­präsi­den­ten Tillich und des Vielle­icht-Nach­fol­gers Kretschmer.

Das, wie auch das erschüt­ternd dürftige Ergeb­nis ihrer Frak­tion­sklausur, zeigt: Die säch­sis­che Union hat ihre Staatspartei-Attitüde noch längst nicht abgelegt und set­zt stattdessen auf ein „Weit­er so“, egal wie.

Deshalb hat die Links­frak­tion für heute eine Regierungserk­lärung gefordert.