LINKE Landtagsabgeordnete Gebhardt und Neubert wollen jetzt Ausspähung von Handydaten als rechtswidrig feststellen lassen

-Pressekon­ferenz, 11.12.2011-

Recht­san­walt André Scholl­bach hat im Auf­trag der Land­tagsab­ge­ord­neten der LINKEN, Rico Geb­hardt und Falk Neu­bert, heute beim Amts­gericht Dres­den Anträge auf Fest­stel­lung der Rechtswidrigkeit der Handy­daten­er­fas­sung am 19. Feb­ru­ar ein­gere­icht. Die säch­sis­chen Behör­den hat­ten mit­tels ein­er flächen­deck­enden „nichtin­di­vid­u­al­isierten Funkzel­len­abfrage“ Handy­dat­en gespe­ichert. Diese Daten­samm­lung umfasst über eine Mil­lion Verkehrs­daten­sätze mit über 320.000 Rufnum­mern. Zehn­tausende Anwohner­in­nen und Anwohn­er sind genau­so betrof­fen wie friedliche Demon­stran­ten, Jour­nal­is­ten, Abge­ord­nete und Recht­san­wälte. 

Zweimal waren wir in diesem Jahr schon erfol­gre­ich. Ich will daran erin­nern, dass das Amts­gericht fest­gestellt hat, dass es rechtswidrig war, die Räume der LINKEN am 19. Feb­ru­ar 2011 im Haus der Begeg­nung zu stür­men und es gab den pos­i­tiv­en Aus­gang unser­er Klage gegen die in Gewahrsam­nahme von zwei Mit­gliedern mein­er Partei am 19. Feb­ru­ar 2011. Daher bin ich opti­mistisch, dass wir auch unsere heute ein­gere­ichte Klage gewin­nen wer­den. Wed­er die Staat­sregierung noch die Staat­san­waltschaft Dres­den hat es bish­er als notwendig ange­se­hen, sich bei mir oder mein­er Partei für die Unan­nehm­lichkeit­en und den in der Öffentlichkeit ent­stande­nen Ein­druck – wir wären als Linkspartei – an krim­inellen Aktio­nen beteiligt zu entschuldigen.

Ich habe den Ein­druck, dass die Staat­san­waltschaft in Dres­den – auch nach den bekan­nt­ge­wor­de­nen Unge­heuer­lichkeit­en der soge­nan­nten Ter­rorzelle – immer noch der Mei­n­ung ist, sie müssen mit ein­er unglaublichen Energie nach­weisen, dass alle Gegen­demon­stran­ten am 19. Feb­ru­ar 2011 poten­tielle Gewaltver­brech­er sind und sie müssen den unbe­d­ingten Beweis für eine krim­inelle Vere­ini­gung find­en, die dem linken Spek­trum zuge­ord­net wer­den kann. In der ver­gan­gen Woche hat es im Recht­sauss­chuss des Säch­sis­chen Land­tages eine Anhörung zum The­ma: „Nichtin­di­vid­u­al­isierte Funkzel­len­abfrage im Freis­taat Sach­sen sofort beschränken“ gegeben. Dabei wurde klar und deut­lich, dass wed­er die Ver­hält­nis­mäßigkeit noch die räum­liche und zeitlich Begren­zung eines Gebi­ets, eine Rolle gespielt hat bei der Beantra­gung und Entschei­dung über die Anwen­dung des Mit­tels der Funkzel­len­abfrage. Die Dres­d­ner Staat­san­waltschaft ist immer noch der Mei­n­ung, sie muss nur den Betrof­fe­nen informieren und Auskun­ft erteilen, die ein Auskun­ft­ser­suchen gestellt haben und die gle­iche Staat­san­waltschaft behauptet gegenüber den säch­sis­chen Daten­schutzbeauf­tragten Zweifel darin, dass die Funkzel­len­abfrage einen Ein­schüchterungsef­fekt aus­lösen würde, weil sie ist verpflichtet zur Aufk­lärung von schw­er­eren Straftat­en, die erforder­lichen Maß­nah­men zu ergreifen. Ich will noch ein­mal daran erin­nern, dass der § 100g Abs. 2 Satz 2 Straf­prozes­sor­d­nung ins Geset­zbuch gekom­men ist nach dem 11. Sep­tem­ber 2001 – als Möglichkeit der Ter­ror­bekämp­fung und nicht um Straftat­en am Rande ein­er Ver­samm­lung aufzuk­lären, wo einige Tausend Men­schen unter dem Gen­er­alver­dacht des Bege­hens ein­er Straftat gestellt wer­den.

Ich per­sön­lich habe nicht das Gefühl, dass vor allem die Dres­d­ner Staat­san­waltschaft und das Jus­tizmin­is­teri­um die richti­gen Schlussfol­gerun­gen aus den Funkzel­len­abfra­gen vom 13., 18. und 19. Feb­ru­ar 2011 in Dres­den ziehen will, son­dern immer noch auf ihren Rechts­stand­punkt behar­ren: Das Mit­tel wäre ver­hält­nis­mäßige und notwendig zur Aufk­lärung von Straftat­en am Rande des Demogeschehens, bleibt mir nur die Möglichkeit mit ein­er Pri­vatk­lage für alle an dem Tag vor Ort erfassten durch ein Gericht fest­stellen zu lassen, dass der Ein­satz dieses Mit­tels rechtswidrig war.

Für alle, die mir immer noch unter­stellen, ich würde die Aufk­lärung von Straftat­en im Zusam­men­hang mit dem 19. Feb­ru­ar behin­dern oder ich hätte kein Inter­esse daran,  möchte ich daran erin­nern, dass wir in der ver­gan­gen Woche die erste Verurteilung eines Steinew­er­fers erlebt haben, ohne dass das Mit­tel der Funkzel­len­abfrage notwendig gewe­sen wäre.

Der Land­tagsab­ge­ord­nete der LINKEN, Falk Neu­bert, fügt hinzu:

Bis heute habe ich auf mein Auskun­fts­begehren vom Som­mer keine endgültige Auskun­ft von Staat­san­waltschaft und Lan­deskrim­i­nalamt zur Handy­daten­er­fas­sung bekom­men. Angesichts von zehn polizeilichen Videoaufze­ich­nun­gen zur Beweis­sicherung allein im Bere­ich der Süd­vorstadt am 19.2. fragt man sich, wieso zusät­zlich mit massen­hafter Handy­daten­er­fas­sung die Grun­drechte zig­tausender Men­schen – Demoteilnehmer/innen und Anwohner/innen – ver­let­zt wur­den. Soll­ten dadurch Men­schen abgeschreckt wer­den, kün­ftig Gesicht gegen Nazis zu zeigen, wäre das ein­er Demokratie unwürdig.